■ Cash & Crash: Umzugskartons
Berlin (taz) – Yuppie-Börsenmakler aus Hannover, Hamburg, Berlin, Bremen oder Stuttgart sollten schon mal den Umzugswagen ordern. Die Herren der deutschen Big Three, der Börsen in Frankfurt, München und Düsseldorf, haben nämlich beschlossen, sich zusammenzutun und so alle anderen aus dem Geschäft zu werfen. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr in der Bundesrepublik Wertpapiere für 7.486 Milliarden Mark umgesetzt.
Die Idee ist denkbar einfach. Wenn die deutschen Börsen mit den großen Finanzmärkten in London, New York und Tokio konkurrieren wollen, müssen sie größer und effektiver werden. Dazu hat nur Frankfurt das Zeug, wo schon heute 74 Prozent des deutschen Aktienhandels abgewickelt werden.
Eine solche Konzentration verstieße aber gegen die lang gepflegte deutsche Tradition regionaler Börsen, die den Föderalismus widerspiegelt. Außerdem profitieren kleinere Börsenhändler von der derzeitigen Struktur. Also versuchen die drei Börsenchefs, die Konzentration zu bewerkstelligen, ohne allzu viel Widerstand zu provozieren, und sich offen von der Tradition zu verabschieden.
Ein formaler Zusammenschluß der Börsenplätze in Düsseldorf (knapp zehn Prozent), München (knapp fünf Prozent) und Frankfurt wurde so zunächst vermieden. Vielmehr sollen nur die Einstiegs-, Kassa- und Schlußkurse der drei Aktienmärkte und des elektronischen Aktienhandelssystems Ibis in einem Kontor aufeinander abgestimmt werden. Über Ibis werden heute schon fast 40 Prozent des Handels mit den wichtigsten Aktien abgewickelt.
Es macht von nun an deutlich weniger Sinn, sein Geschäft an einem der drei Börsenplätze in der Hoffnung zu tätigen, einen besseren Kurs zu bekommen, oder gar durch das eigene Geschäft den Kurs maßgeblich beeinflussen zu wollen. Um zudem den Einfluß einzelner Käufer auf kleinere Firmen zu beschränken, soll der Handel mit deren Aktien künftig auf ihre regionalen Heimatbörsen konzentriert werden.
Beide Schritte bieten Vorteile für die Großen der Branche, also Banken, Versicherungen und andere institutionelle Anleger. Verlierer sind die kleinen Spekulanten, die hier und da mal ein Schnäppchen gemacht haben und sich auf den langsameren Informationsfluß zwischen den regionalen Börsen verlassen konnten. ten
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