: Schaffe, schaffe, Abschluß baue!
■ Neue Untersuchung belegt: Studis müssen härter jobben / Durchschnittsalter gestiegen / Soziale Herkunft bedeutsam
Berlin (taz) – Das Klischee von den „faulen“ StudentInnen, die dem Staat auf der Tasche liegen, gehört der Vergangenheit an. Der Durchschnitts-Studi bezieht immer weniger Bafög, jobbt zunehmend auch während der Vorlesungszeit und blecht brav immer mehr Miete für das Apartment im Ballungszentrum.
Dies belegt eine neue Erhebung des Deutschen Studentenwerks (DSW), die gestern im Bundesbildungsministerium in Bonn vorgestellt wurde.
Nach den neuen Zahlen ist der Anteil der Bafög-Empfänger in den vergangenen drei Jahren erneut gesunken. Im Westen bezogen im Jahre 1994 nur noch 24,2 Prozent (Ost: 54,8) der Studis Geld vom Staat. 1991 waren dies noch 28,3 Prozent (Ost: 88,2) und im Jahre 1982 sogar noch satte 37,1 Prozent gewesen.
Nicht nur die Zahl der EmpfängerInnen, auch der Anteil des Bafög an den monatlichen Einkünften der Studierenden ist zurückgegangen. 1982 kamen noch 25 Prozent der gesamten studentischen Einnahmen von Vater Staat, 1991 nur noch 17 Prozent. Im vergangenen Jahr schließlich nur noch 13 Prozent. Damit ist der Anteil der staatlichen Unterstützung für den Akademikernachwuchs in den vergangenen dreizehn Jahren fast halbiert worden.
Ein Hauptgrund für die sinkende Bafög-Rate liegt in den verbesserten Elterneinkommen, die zunehmend die Freibeträge überschreiten. Das Geld von zu Hause spielt nach wie vor die größte Rolle für die Finanzierung des Studiums. 83 Prozent (Ost: 85) kriegen Geld von den Eltern, im Durchschnitt 780 Mark (510 Mark).
Der Anteil des eigenen Verdienstes am Studi-Einkommen hat sich in den vergangenen drei Jahren um mehr als ein Viertel erhöht. Immerhin jobben im Westen zwei Drittel nebenbei, um über die Runden zu kommen. Dabei wird fast genausoviel in der Vorlesungszeit malocht wie während der Semesterferien.
Das ist auch nötig, denn die Lebenshaltungskosten kletterten in die Höhe. Besonders die hohen Mieten machen den Studis in Ballungsräumen zu schaffen. Aufgrund der vergleichsweise häufigen Mieterwechsel schlagen Mietsteigerungen gerade bei Studi- Wohnungen deutlich zu Buche. In München, Frankfurt am Main oder Hamburg zahlen alleinwohnende Studierende durchschnittlich weit über 600 Mark für die eigene Wohnung. 40 Prozent des Akademikernachwuchses leben allein in den eigenen vier Wänden (West), wie 1991 schlägt sich ein Fünftel mit einer Wohngemeinschaft herum. Fast die Hälfte hat eine feste PartnerIn.
Das Studi-Leben ist teuer, weil auch die Ansprüche steigen. Die monatlichen durchschnittlichen Ausgaben der Studierenden stiegen im Westen seit 1991 von 1.086 Mark auf 1.231 Mark im vergangenen Jahr. Und die Studis werden immer älter. 1994 waren nur noch 28 Prozent (Ost: 39) jünger als 24 Jahre.
Übrigens: Nach wie vor sind die Bildungschancen höchst ungleich verteilt: von 100 Beamtenkindern schaffen es 65 an die Hochschule oder Fachhochschule, bei den Arbeiterkindern sind es nur 15. Barbara Dribbusch
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