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Solaranlagen vom Supermarkt

■ Sonnengewärmtes Wasser ist nicht teurer / Bund der Energieverbraucher bringt kostengünstige Anlagen unters Volk und Hersteller dazu, ihre Preise zu senken

Im Prinzip läuft alles wie bei Aldi: Der Zwischenhändler kauft riesige Stückzahlen ein, handelt dafür einen Sonderpreis aus, und vertickt alles zu Dumpingpreisen an die Endverbraucher. Dafür ist die Auswahl eher bescheiden.

Wer sein Wasser von der Sonne wärmen lassen möchte, braucht natürlich nicht zwischen zerfetzten Pappkartons und geplünderten Holzpaletten umherzuturnen. Aber es muß auch niemand mehr den dreifachen Preis einer herkömmlichen Warmwasseranlage zahlen, um keine fossilen Rohstoffe zu verbrennen.

Der als gemeinnützig anerkannte Bund der Energieverbraucher in Bonn kombinierte vor einem guten Jahr den Ärger über hohe Preise für solarthermische Anlagen und das Discounter-Prinzip: Herausgekommen ist das Projekt „Phönix“, durch das sonnengewärmtes Brauchwasser schon bald der Normalfall in deutschen Haushalten sein soll. Es setzt auf sparwillige Umweltschützer, die für ihre Anlage gerne selbst mit Hand anlegen. Denn das macht die ganze Sache erheblich billiger: Zwischen knapp 5.000 und gut 6.000 Mark kosten die Komponenten. „Wenn die Preise in den Keller rutschen, kommen die Anlagen auf das Dach“, so die eingängige Logik. Im Wirtschaftsdeutsch heißt das: „Mit einem starken Impuls dreht Phönix die Absatz- Preis-Spirale in eine positive Richtung.“

Solarthermie, also die Erzeugung von Wärme durch Sonnenlicht, ist zwar nach wie vor eher selten. Der starke Impuls jedoch wird erreicht, indem den bisherigen Interessenten nur vier verschiedene Anlagen zur Auswahl angeboten werden – bis vor kurzem waren es sogar nur drei. „Hinzugekommen ist Phönix-4, eine größere Anlage für Zwei- und Mehrfamilienhäuser“, erklärt Aribert Peters, Vorsitzender des Bonner Vereins. Bei über 800 Käufern seit Projektbeginn vor einem Jahr sind das durchschnittlich gut 250 verkaufte Anlagen pro Firma: höchst erfreuliche Zahlen für die meist mittelständischen Unternehmen. Bundesweit gesehen kann von einer enormen Marktvergrößerung jedoch keinesfalls gesprochen werden, darüber ist auch Martina Krause, Sprecherin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund) enttäuscht. Der Bund unterstützt wie andere Umweltschutzorganisationen politisch die Projektidee, Preise durch hohe Stückzahlen zu senken.

Doch die Phönix-Aufträge machen eben nur ein bis zwei Prozent des Inlandsmarktes für solarthermische Anlagen aus, erklärt Gerhard Stryi-Hipp, Geschäftsstellenleiter des Deutschen Fachverbands Solarenergie (DFS): „Dadurch verändern sich die Marktpreise nicht.“ Beim Industrieverband in Freiburg, in dem gut vierzig Hersteller zusammengeschlossen sind, ist man ohnehin nicht so gut auf das Projekt zu sprechen. Denn die niedrigen Preise seien nur möglich, weil „die konventionellen Handwerker, also Installateure und Heizungsbauer, nicht eingebunden werden“. Dadurch sieht der Fachverband Wartung und Service in Gefahr: „Dumpingpreise sind nicht dauerhaft marktfähig“, so Stryi-Hipp zur taz. Die Phönix-Berater, die „unter Marktpreis arbeiten“, würden entweder „langfristig keine gute Arbeit leisten oder nicht lange auf dem Markt bleiben“, vermutet er.

„Wenn ein Installateur fast nichts am Aufbau verdient, wird er sich bei Problemen nicht besonders viel Mühe geben“, folgert Andreas Heymann, beim Hersteller Dornier-Prinz Solartechnik in Stromberg für die Projektierung verantwortlich. Der Konkurrent, der verständlicherweise nicht glücklich über Phönix ist, ging erst im März als einer der Sieger aus einer Prüfung der Stiftung Warentest hervor. Doch die getestete Anlage kann nur über das Fachhandwerk bezogen werden – und dann kostet sie eben rund 18.000 Mark. „Die Komponenten allein kosten nur 12.000 Mark“, versichert Heymann, fügt aber hinzu: „Das ist natürlich immer noch deutlich mehr. Dafür wird ein Installateur, der für uns Anlagen errichtet, einen kleinen Fehler schnell selbst beheben.“

Die Gefahr des Phönix-Projekts besteht laut Heymann darin, daß Anlagen nicht professionell errichtet oder gewartet würden, „und dann heißt es wieder, die Solartechnik sei nicht ausgereift.“ Diese Probleme habe es bereits nach dem Solar-Boom der 70er Jahre gegeben, „daran haben wir noch heute zu knabbern“.

Nach Angaben des DFS-Vorsitzenden Erich Terbrack sind 90 Prozent der auftretenden Mängel „in der Installation zu finden“. Wenn sich Sonnenenergie durchsetzen solle, müsse also insbesondere in die Ausbildung von Fachhandwerkern investiert werden. Denn die Technik, so Stryi-Hipp, „ist längst ausgereift“. Das gilt auch für die vier Phönix-Anlagen, die von verschiedenen Herstellern stammen. Ihnen wurde vom TÜV bescheinigt, daß sie im Dauerbetrieb extrem sicher und störunanfällig seien. Auch Andreas Kleinsteuber, Energiefachmann bei Greenpeace, geht davon aus, daß die Produkte einwandfrei sind: „Wir unterstützen nichts, was wir uns nicht angeschaut haben.“ Er halte das Projekt für gut, weil die Markterweiterung nur durch die von Phönix angestrebte Standardisierung zu erreichen sei. Christian Arns

Kontakt: Bund der Energieverbraucher, Hauptstraße 17, 53619 Rheinbreitbach

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