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Das Stück vom Wessi am Bertolt-Brecht-Platz

■ BE: Hochhuth hat das Theater noch nicht in der Tasche / Unterlagen fehlen

Der von dem Dramatiker Rolf Hochhuth erhobene Anspruch auf das Berliner Ensemble (BE) ist nach Ansicht des Kultursenators Ulrich Roloff-Momin noch lange nicht erwiesen. Die Klärung der Eigentumsfrage werde noch einige Zeit dauern, erläuterte er gestern vor dem Kulturausschuß. Der Spielbetrieb am Theater sei davon nicht berührt. Das Landesamt für offene Vermögensfragen müsse alle Ansprüche prüfen.

Nach Angaben von Roloff-Momin gebe es nach neuesten Erkenntnissen bis zu zwanzig weitere Bewerber. Er wies Vorwürfe zurück, die Kulturverwaltung habe sich um diese Frage nicht gekümmert. Seit 1990 habe man sich um Aufklärung der Eigentumslage bemüht, jedoch erst 1993 Unterlagen über den Vorgang erhalten. Der damalige Ost-West-Senat hatte festgestellt, daß sich das seit 1951 staatlich verwaltete Theater im Besitz eines ausländischen Bürgers befinde.

Die Recherchen ergaben, daß die erste Eintragung im Grundbuch von 1897 stammte und die GmbH Neues Theater, später Neues Operettenhaus GmbH benannte. 1933, bereits zu NS-Zeiten, wurde eine Zwangsversteigerung angeordnet. Wenn sich herausstelle, daß ein jüdischer Mitbürger damals enteignet worden sei, fiele Hochhuths Argumentation in sich zusammen. 1934 habe die Familie Saloschin das Haus erworben. 1938 wurde es an den jetzt in New York lebenden Klaus Wertheim veräußert, der als letzter noch im Grundbuch stehe.

1975 sei ein unbefristeter Pachtvertrag mit Helene Weigel geschlossen worden. Die Kündigungsfrist betrage ein Jahr. Bisher seien keine Kündigungsabsichten bekannt. Wertheim habe bereits im Sommer 1990 das Berliner Ensemble besucht und sich mit dem damaligen Intendanten Manfred Wekwerth unterhalten. 1993 hätten die Erben Saloschin sich an den Senat gewandt, sich aber dann nicht mehr gemeldet.

Die neue Fünferleitung des Berliner Ensembles sei bei den Vertragsverhandlungen über die unklare Eigentumsfrage unterrichtet worden. Das betreffe jedoch nur das eigentliche Theater, nicht die dazugehörigen Örtlichkeiten, die zweifelsfrei dem Land Berlin gehörten. Mietforderungen habe es bisher nicht gegeben. Die Sache müsse jetzt juristisch geklärt werden. Zudem lägen auch noch keine beglaubigten Unterlagen Hochhuths vor. dpa

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