piwik no script img

Those were the days

■ Als die Bewegung noch jung war und die Musik hart, spielte in Bremen die legendäre Band A 5. Jetzt erinnert man sich an: „Mein schönes kurzes Leben“ (1980-81)

„Ich kann mich nur in Stahl verlieben...“ Das ist so lange her. „Weserlust“ hieß das Kulturfest damals auf den Osterdeichwiesen an der Weser. „Weserfrust“, wie viele meinten, denn auch damals gab es den immergrünen Zank zwischen sogenannter „etablierter“ und „unabhängiger“ (Bremer) Kultur. Das war 1980, im September. Die StahlliebhaberInnen waren A 5. Eine Bremer Band.

Nie gehört? Dann sind Sie entweder zu jung, zu alt oder Sie hatten mit tanzbarer, leicht punkiger Rockmusik nichts am Hut. Macht ja nichts. Jetzt gibt's für Besitzer eines CD-Spielers ein Kleinod zu kaufen: A 5, 1980-1981 - MEIN SCHÖNES KURZES LEBEN.

28 Titel in 75 Minuten hat Harald Kadagies aus altem Tonbandmaterial, Kassetten und sonstigen Tonträgern zusammengetragen. 75 Minuten Erinnerung an wüste Nächte, etwas Nostalgie für diejenigen, die heute um 17 Uhr von der Arbeit kommen, aber noch wissen, daß sie damals durchaus mal ins „Aladin“ gegangen sind - und ein Hauch von Wehmut für Rockfans. Those were the days.

Wie kommt einer darauf, nach so langer Zeit beinahe Vergessenes, auf jeden Fall Verschüttetes wieder auszugraben? Harald, damals firmierte er unter dem schönen Nachnamen „Hass“, wollte eigentlich nur eine Einzel-CD für sich selbst pressen lassen. „Damit das ganze Material nicht weggammelt“. Herausgekommen ist dann gleich eine kleine Auflage von 500 Exemplaren.

Sabina Mai, Harald Hass, Wolf Schaller, Rainer Kosch, Knox und Ego/n, das waren A 5. In Bremen hatten diese Namen zu Zeiten durchaus einen Ruf. Manche sogar einen guten. Die männliche Hälfte des Front- und Gesangsduos Sabina/Egon, nämlich Ego/n, hatte das Image des kaputten Genies. Ebenso liebevoll wie zuweilen völlig ausgerastet, spielte er sein Leben auf der Bühne nach. Er provozierte sein Publikum, sang wundervolle Texte über Margarinen und Seifen. Oft genug im Rausch. Das war dann für die einen sehr lustig, für die anderen halt weniger oder gar nicht. Ego/n starb bei einem Wohnungsbrand. Those were the days.

Mein schönes kurzes Leben. Ein treffender Titel. Und weil alle Leben wenn schon nicht schön, dann aber auf alle Fälle kurz sind, mag diese CD für manche BremerInnen so etwas wie einen Eckpfeiler in der eigenen Geschichte bedeuten. Ist halt 15 Jahre her, „weißt Du noch?“ Deshalb sollte für Romantiker die Sound-Qualität auch kein Problem sein, sie ist halt so wie sie ist. (Dolby- und Klangtreue-Fetischisten werden diese CD sowieso nicht kaufen.) Und andere, die sich nur interessieren, was denn so los war in Bremen, die könnten sich wundern.

Erstens beherrschten die A 5er ihre Instrumente. Das war ja nicht unbedingt selbstverständlich. Und zweitens hat diese CD besonders bei den Live-Aufnahmen (zum Beispiel die „No Fun“-Tour im Sommer 1981 zusammen mit den legendären Hans-A-Plast, Rotzkotz, Der Moderne Mann oder 39 Clocks) ein Stück Lebensgefühl musikalisch konserviert. Die Stücke sind chronologisch, und so sind es auch die nett formulierten Begleittexte. Those were the days.

Die CD ist ausschließlich bei Ear und bei Überschall erhältlich.

Jürgen Francke

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen