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Wettlauf mit der Verderblichkeit

■ 50 Freiwillige arbeiten mittlerweile für die „Bremer Tafel“/ Berühmtester Gönner: Willi Lemke

Für Oskar Splettstößer tut sich eine neue Welt auf. Seit der ehemalige Einkaufsleiter eines Industriebetriebes bei der „Bremer Tafel“ aushilft, lernt er Bremens zweites Gesicht kennen: Täglich wird der Pensionär mit Armut konfrontiert – aber täglich begegnet er auch der Hilfsbereitsschaft Bremer BürgerInnen. Zwischen diesen beiden Polen nämlich ist die „Bremer Tafel“ eine neue Schaltstelle: Seit sie Ende April als Verein gegründet wurde, rettet sie Lebensmittel vor der „Entsorgung“ in den Müll oder den Schweinestall und führt sie Hilfsorganisationen zu – alles ehrenamtlich. „Und gute Qualität“, bestätigt Martina Nustede von der Hoppenbank. „Unsere Leute freuen sich. Jetzt kommt mehr Gemüse und Eiweiß auf den Teller.“

Die Tafel-Idee, nach dem amerikanischen Vorbild der „Foodbank“ in Berlin und Hamburg schon länger übernommen, kommt in Bremen gut an. Mittlerweile zählt der Verein hier über 50 Mitglieder. Das Besondere daran: Der Verein finanziert sich selbst aus Vereinsbeiträgen: insgesamt 500 Mark monatlich. Für Oskar Splettstößer ist das viel: „Weil bei uns vor allem Hausfrauen und Arbeitslose, Rentner und StudentInnen helfen. Außerdem haben wir nichts zu bieten – außer Arbeit und vielleicht einem guten Gewissen.“

Trotzdem: Sprit und Unterhaltskosten für den Transporter sind bislang noch immer zusammengekommen. Sie sind die Hauptposten auf der Ausgabenseite. Denn die gute Idee fordert neben der Logistik vor allem den körperlichen Einsatz: Bremer Firmen, vom Großmarkt über den Biobäcker bis zu neuerdings Bremerland, spenden zwar ihre Produkte. Aber die Lebensmittel müssen zu den VerbraucherInnen kommen – und zwar schnell. Denn Eßwaren wie der Salatkopf vom Großmarkt gehen ja nur deshalb an die „Bremer Tafel“, weil sie morgen nicht mehr zu verkaufen wären. „Gerade bei diesem warmen Wetter haben wir viel davon“, bestätigt der Großmarkt.

Derweil flitzen die Einsatztrupps der Tafel: Zu dritt oder viert, unter logistischer Leitung von Tilman Eimers, dem Bremer Urheber der Idee, rücken die Freiwilligen aus. Holen ab bei Firmen und Händlern, fragen an bei Abnehmern wie Frauenhaus, Hoppenbank oder Bahnhofsmission – und liefern. Wegen der verderblichen Waren, und weil der Verein noch kein Lager hat, wird alles sofort weitergeleitet. Alles? „Nein, Fleisch, Eier und angemachte Salate beispielsweise sind tabu“, erklärt Splettstößer. „Der Verein kann kein Risiko eingehen“. Wie gut, daß auch das Gesundheitsamt Unterstützung zugesichert hat.

Und andere berühmte Helfer? „Willi Lemke“, heißt es stolz. Und dann fügt Splettstößer bewegt hinzu: „Aber wissen Sie, die alte Dame aus Lilienthal, die neulich den Sack Kartoffeln spendete, obwohl sie für eine ständige Mitgliedschaft nicht genug Geld hat – die schätzen wir auch sehr.“ Kleine Abholmengen nimmt man im Stafettenverkehr mit. „Wir wohnen ja in der ganzen Stadt und sind gut im Improvisieren.“ ede

Kontakt: Tilman Eimers (Tel. 535 140); Oskar Splettstößer (Tel. 833 647/Fax 834 359); Spendenkonto Nr. 1152 6464 (Sparkasse Bremen BLZ 290 501 01)

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