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Vicente Fox, rechter Stern in Mexikos Politik

■ Der konservative Sieger der letzten Gouverneurswahl hat große Ambitionen

Mexiko-Stadt (taz) – Vom anhaltenden Zersetzungsprozeß der mexikanischen Staatspartei profitiert derzeit vor allem die Rechte. Mit einem ungewöhnlich hohen Stimmenvorsprung von zwei zu eins gewann am vergangenen Sonntag die rechtsoppositionelle „Nationale Aktionspartei“ (PAN) die Kontrolle über die Provinz Guanajuato. Sie hat damit seit Ende der 80er Jahre immerhin schon vier der insgesamt 32 mexikanischen Bundesstaaten erobert.

Wenige Tage zuvor hatte der PAN-Vorsitzende Carlos Castillo Peraza siegesbewußt die Marschrichtung der konservativ-katholischen Oppositionspartei angegeben: Erst wolle man der regierenden „Institutionellen Revolutionspartei“ PRI nach und nach die Landesregierungen abjagen, bei den Präsidentschaftswahlen im Jahre 2000 werde es dann „ums Ganze“ gehen, also um den „definitiven Machtwechsel“ in der seit fast 70 Jahren von der PRI dominierten Republik.

Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Zwar ging es am Wahlsonntag zunächst nur um das Gouverneursamt von Guanajuato und einen neuen Landtag in der südöstlichen Provinz Yucatan, wo der PRI-Kandidat Victor Cervera das Machtmonopol seiner Partei mit einem knappen Vorsprung gerade noch einmal verteidigen konnte. Dennoch ist der Erfolg der rechtsliberalen Herausforderer bei diesen Regionalwahlen symptomatisch für einen umfassenden Stimmungsumschwung bei der krisengebeutelten Bevölkerung Mexikos. Schon aus den Präsidentschaftswahlen im vergangenen August war die PAN mit knapp 30 Prozent als mit Abstand stärkste Oppositionskraft hervorgegangen und hatte vor drei Monaten auch in der Provinz Jalisco die jahrzehntelange PRI-Herrschaft abgelöst.

Der Aufsteiger gegen die „Usurpatoren“

Dabei gilt die PAN heute selbst bei ihrer eigenen Basis eher als „Komplizin“ denn als entschiedene Gegnerin des PRI-Dinosauriers. Ein typisches Beispiel dafür ist die ominöse Episode, die den vorgezogenen Gouverneurswahlen in Guanajuato vorausgegangen war. Eigentlich hatte beim letzten Mal vor knapp vier Jahren nach offiziellen Auszählungen der PRI-Kandidat die Wahlen gewonnen. Dieser „schmutzige Sieg“ aber war bei der empörten Bevölkerung politisch nicht durchsetzbar, so daß Zentralregierung und PAN-Opposition sich schließlich auf einen umstrittenen Deal einigten: der offizielle Wahlsieger „verzichtete“ auf sein Amt, an seine Stelle trat aber nicht etwa der damalige PAN-Kandidat und erklärte Regierungsfeind Vicente Fox, sondern sein unscheinbarer Parteigenosse Carlos Medina – obwohl diesen nun wirklich kein einziger Mensch gewählt hatte. Nachdem Fox auf diese unfeine Weise von seinen eigenen Leuten ausgebootet wurde, zog er sich für ein paar Jahre aus der Politik zurück.

Nun hat Fox erneut kandidiert – und gewonnen. Das wird nun von vielen als Signal für die Präsidentschaftskur zur Jahrtausendwende interpretiert. Tatsächlich könnte Fox, den selbst Zapatistensprecher Marcos einmal als „einen der Aufrechten innerhalb der PAN“ bezeichnet hatte, als künftiger Spitzenkandidat die PRI-Hegemonie ernsthaft gefährden, zumal er keinerlei Berührungsängste zu haben scheint: Um die „Usurpatoren“ endlich vom Thron zu stoßen, so erklärte er gegenüber der ausländischen Presse, wäre für ihn auch ein „breites Bündnis aller Demokraten“ einschließlich der Linken denkbar.

Der 52jährige Self-Made-Man, der am liebsten in Cowboystiefeln und offenem Hemd auftritt, haßt nichts so sehr wie Formalitäten, Diplomatie und den technokratischen Gestus seiner Gegner und ist schon damit eine ungewöhnliche Erscheinung in der mexikanischen Politlandschaft.

In all diesen Entwicklungen bleibt die linke PRD-Partei außen vor. Sie erhielt am Sonntag jeweils nur 3 beziehungsweise 7 Prozent der abgegebenen Stimmen. Anne Huffschmid

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