Die Millionen fließen

■ Wenn es um Verschwendung geht, langen alle hin / Aus dem Bericht des Landesrechnungshofs / TU will neue Tennishalle

Eine besonders gewitzte Auslegung des Begriffs „Sozialpartnerschaft“ gelang 1994 den Berliner Wasserbetrieben (BWB). In schöner Eintracht ließen Vorstand und Gesamtpersonalrat den Beschäftigten eine „Erfolgsprämie“ von 12,9 Millionen Mark zukommen. Zusammen mit den Lohnnebenkosten stieg der Betrag letztlich sogar auf 15,5 Millionen an und belastete völlig unnnötig das Betriebsergebnis.

Dies ist nur ein Beispiel der Berliner Verschwendungssucht, die der Landesrechnungshof in seinem neuesten Jahresbericht geißelt. Im Fall der BWB kritisierten die Prüfer Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) – seinerzeit Vorsitzender des BWB-Aufsichtsrats – für sein offensichtlich augenzwinkerndes Einverständnis, mit der er das Millionengeschenk begleitete. Obwohl „sachverständige Stellen“ rechtliche und finanzpolitische Bedenken anmeldeten, blieb er untätig. „Die Verantwortlichen“, so das Fazit der Prüfer, „sollten zur Rechenschaft gezogen werden.“ Ein moralischer Appell, bei dem es wohl sein Bewenden haben wird. Denn der Landesrechnungshof hat keinerlei Kompetenzen. Allein die Hoffnung, die Warnsignale mögen von Parlament und Öffentlichkeit erhört werden, leitet die Mitarbeiter bei ihrer Sisyphus-Arbeit.

Fündig wurden sie in allen Bereichen. Für schlappe fünf Millionen Mark ließ die Senatsverwaltung für Bauen im Botanischen Garten Mitte einen Ausstellungspavillon errrichten. Seit 1992 wird das Gebäude genutzt – zum Teil für Veranstaltungen, die in der ursprünglichen Planung gar nicht vorgesehen waren. Willkürlich wurden auch die Mietzinsen festgelegt: mal waren es 50, ein anderes Mal 1.000 Mark pro Tag. Entsprechend dürftig waren auch die vom Botanischen Garten eingenommenen Mieteinnahmen: in den Jahren von 1992 bis 1994 knapp 32.000 Mark.

Fast schon läppisch muten solche Beträge gegenüber dem Gutachter-Fieber an, von dem sich der Senat anstecken ließ. Zur „Begleitung und Durchsetzung der Verwaltungsreform“ wurden insgesamt 20 Millionen Mark an Beraterfirmen ausgezahlt. Deren Aufträge waren aber nicht nur zu schwammig. Mehr noch scheint die Vergabe von Gutachten eine hochbezahlte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zu sein: Wesentliche Voraussetzungen für den Erfolg der Reform konnten die Prüfer bislang nicht erkennen.

Daß an Hochschulen zwar gespart, aber dennoch der Luxus nicht gänzlich in Vergessenheit geraten ist, beweist die Technische Universität (TU). Für 5,6 Millionen Mark wird hier eine Tennishalle geplant. Der eigentliche Knackpunkt ist die – für den Landesrechnungshof rechtswidrige – Geldakquisition: Ein Kommunalkredit soll den Bau ermöglichen. Obwohl in Berlin noch immer 148 Millionen Mark an Bundesmitteln für die Kultur fehlen und allenthalben von den Theaterschaffenden gejammert wird, scheint Sparsamkeit weiterhin ein Fremdwort zu sein. 1,6 Millionen Mark könnte das Konzerthaus am Gendarmenmarkt einsparen – wenn es die Zahl der Mitarbeiter um 23 verringern würde. Opfer des Rotstifts wäre auch einer von bislang vier Dramaturgen. Bislang wird auf Zeit gesetzt. Ernüchterndes Fazit des Landesrechnungshofes: „Der Schriftwechsel ist noch nicht abgeschlossen.“ Severin Weiland