■ Konferenz der Europäischen Union in Messina: Das Gruppenfoto von Messina
Im süditalienischen Messina haben sich die 15 Außenminister der Europäischen Union an diesem Pfingstwochenende zum Mannschaftsfoto fürs Hornberger Schießen aufgestellt. Neben schönen Reden und flammenden Appellen an sich selbst haben sie nebenbei auch noch eine hochrangige Arbeitsgruppe eingesetzt, die für 1996 die seit Maastricht geplante Regierungskonferenz vorbereiten soll.
Vordergründig geht es dabei um eine Generalüberholung des Maastrichter Vertrages, bei dem damals in der Hektik ein paar wesentliche Probleme ausgeklammert wurden. Im Licht der letzten fünf Jahre betrachtet, hat der Vertrag nicht viel mehr gebracht als die Abmachung einiger Regierungen über die Einführung einer gemeinsamen Währung. Der Aufbau einer politischen und sozialen Union scheiterte vor allem am Widerstand der konservativen Regierung in London, aber auch Frankreich, Spanien und selbst Dänemark haben in den vergangenen Jahren gezeigt, daß ihnen Maastricht schon zu weit gegangen ist.
Die Zeichen stehen schlecht, daß die Regierungskonferenz zu einem Maastricht-II-Vertrag führen wird, der die weitverbreitete Skepsis in der Bevölkerung an der EU ernst nimmt und wirkliche Reformen einläutet. Die Aufgaben sind längst definiert: Die Entscheidungrechte des Europäischen Parlaments müssen gestärkt, die Entscheidungsfähigkeit von Kommission und Ministerrat muß gestrafft werden.
Doch wenn sich die Europäische Union als Modell der Zukunftssicherung ernst nehmen will, dann muß sie die Herausforderungen annehmen. Die Einbindung der jungen Demokratien Mittel- und Osteuropas ist für die Absicherung von Frieden und Wohlstand in Europa wichtiger als kleinliche nationale Egoismen. Die Einsicht ist längst da, doch woher soll der politische Wille kommen? Wir erleben eine konservativ geprägte Zeit, in der fast alle europäischen Regierungen Angst haben, sich durch mutige Schritte in Brüssel zu Hause unbeliebt zu machen.
Nicht nur die Major-Regierung pocht auf die nationale Souveränität. Frankreich fürchtet um die europäischen Subventionen für seine Bauern, Spanien und Portugal fürchten um die Zuschüsse aus dem Solidaritätsfonds. Und auch die Bundesregierung hat bei der jüngsten Debatte um den Währungsausgleich für die Bauern eine erbärmliche Haltung bezogen, die wahltaktische Überlegungen vor Vernunft stellte.
Alle wollen die Reform, aber niemand ist zu Zugeständnissen bereit. Aber vielleicht ändert sich die Stimmung ja noch rechtzeitig, wenn von den Köpfen auf dem Mannschaftsfoto, das in Messina aufgenommen wurde, außer dem des englischen Vertreters noch ein paar weitere durch Abwahl wegfallen. Alois Berger
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