: Nur die rote Liste wächst ständig
■ Naturschutzbund Deutschland legt Grünbuch vor / Landverbrauch und Umweltverdreckung machen unseren Mitlebewesen den Garaus / Nur 0,014 Prozent des Bundesetats für Naturschutz
Bonn (dpa/taz) – Jeden Tag werden in Deutschland 120 Hektar Land zubetoniert. Dieser Landverbrauch treibt unsere Mitlebewesen immer weiter in die Enge. Mittlerweile stehen rund ein Drittel aller Blüten- und Farnpflanzen auf den „roten Listen“ gefährdeter Arten. In der früheren DDR seien 32 Prozent aller Arten ausgestorben oder gefährdet, heißt es in einem gestern vorgelegten Grünbuch des Naturschutzbundes Deutschland (NABU). Der World Wide Fund for Nature (WWF) weist darauf hin, daß das Aussterben von Arten zwar immer ein Teil der Evolution gewesen sei; der durch den Menschen verursachte Schwund aber sei um ein Tausendfaches höher als der natürliche Abgang.
Aber nicht nur Straßen- und Gebäudebau und die Kanalisierung der Flüsse machen vielen Arten das Überleben schwer; auch Umweltbelastung durch Schadstoffe schädigen Tiere und Pflanzen oder rotten gar ganze Populationen aus. Ozon beispielsweise beeinträchtigt das Pflanzenwachstum immens. Außer Eichen, Buchen, Fichten und Kiefern sind auch Nutzpflanzen wie Radieschen, Kartoffeln, Weizen und Klee besonders betroffen. Das aus drei Sauerstoffatomen bestehende Gas, dessen hohe Konzentrationen überwiegend auf den Straßenverkehr zurückzuführen sind, wird durch die Spaltöffnungen der Blätter und Nadeln aufgenommen und schädigt die Zellen. Die Chlorophyll-Produktion wird gehemmt, die Pflanzen färben sich braun und altern frühzeitig. Allein die EU- Landwirtschaft kalkuliert mit mehreren Milliarden Mark Ernteeinbußen durch Ozonschäden.
Das „Grünbuch“ des NABU plädiert dafür, daß der Naturschutz aus der bisherigen Rolle des lediglich Reagierenden heraustritt. Statt dessen solle sich der Naturschutz die Strategie der Naturnutzer zu eigen machen und durch „eigenes Agieren ein Reagieren Dritter herbeiführen“. Als Möglichkeiten eines offensiven Vorgehens nennt der NABU vor allem die Vorlage von neuen Fakten und das Beharren auf Forderungen.
Kritik übt der NABU daran, daß nur fünf Prozent des Bonner Umwelthaushaltes und damit ganze 0,014 Prozent des Bundesetats 1995 für Naturschutzausgaben vorgesehen sind. An die Adresse von Regierung und Parlament gerichtet, verlangt der NABU eine ökologische Steuerreform und die häufig verschobene Verschärfung des Naturschutzgesetzes von 1976. Darin müsse ein „Eigenrecht der Natur“ verankert werden, eine präzise Beschreibung „naturverträglicher Landnutzung“ und die Ausweisung von 15 Prozent Naturvorrangfläche. Die erst in elf Bundesländern verankerte Verbandsklage soll bundeseinheitlich festgeschrieben werden, fordert der NABU. aje
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