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Die Härten der Oppositionsbank

■ Bremens Grüne proben Oppositionsrolle und opponieren gegen Vormann Fücks

Bremen (taz) – Kurz nach der äußerst knappen Entscheidung der Bremer SPD-Mitglieder für eine große Koalition ist jetzt bei Bündnis 90/Die Grünen im kleinsten Bundesland der Streit über die künftige Rolle in der Opposition ausgebrochen. Eine Vorentscheidung gab es bereits am Montag abend, als Ex-Umweltsenator Ralf Fücks bei der Wahl des neuen Fraktionsvorstands durchfiel. Mit 9:3 bzw. 8:5 Stimmen unterlag er den Abgeordneten Dieter Mützelburg und Elisabeth Hackstein. Gewählt wurde außerdem die noch amtierende grüne Kultursenatorin Helga Trüpel.

In einer Personaldebatte war Fücks zuvor von mehreren Abgeordneten als „zu dominant“ kritisiert worden. Außerdem sei er nach über drei Jahren Regierungsbeteiligung nicht frei genug für die nun erforderliche harte Oppositionsrolle. Fücks selber sieht die Rolle der Grünen in den nächsten vier Jahren trotz großer Koalition nicht in einer grundsätzlichen Protesthaltung. Er will sogar mit Blick auf die nächste Wahl „die Tür zur CDU nicht zuschlagen“ und hatte sich auf Redeschlachten mit den Spitzenkandidaten von SPD und CDU in der Bürgerschaft gefreut. Mit überwältigender Mehrheit hatte am Montag abend ein SPD- Landesparteitag das Votum der Mitgliederbefragung bestätigt und Henning Scherf auch offiziell zum Nachfolger des zurückgetretenen Regierungschefs Klaus Wedemeier gekürt. Nachdem in einer lustlosen Debatte die BefürworterInnen einer rot-grünen Koalition ihre Loyalität gegenüber der knappen Mitgliederentscheidung für Rot-Schwarz bekundet hatten, gelang Scherf mit seiner ersten Rede als Spitzenkandidat zumindest ein Stimmungsumschwung. Insbesondere als er ankündigte, daß es auch in einer großen Koalition mit der SPD keine weiteren Privatisierungen öffentlicher Unternehmen geben werde: „Das Verscherbeln von sozialem Wohnungsbau und das schutzlose Ausliefern von Mietern wird es mit Sozialdemokraten nicht geben.“

Ob Scherf sich mit dieser Haltung durchsetzen kann, werden nun die Koalitionsverhandlungen mit der CDU zeigen, die gestern nachmittag begannen und in drei Wochen abgeschlossen werden sollen. Dirk Asendorpf

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