: Der wahre Vater und sein Reich
■ San Myung Mun herrscht über ein Riesennetz von religiösen Stiftungen, Wirtschaftsunternehmen und Kulturorganisationen
Eines schönen Ostersonntags erschien Christus in Korea und verkündete dem siebzehnjährigen San Myung Mun eine frohe Botschaft. Mun sei auserwählt, seine Nachfolge anzutreten. Er werde die Menschheit erretten. Mun, der 1920 in Nordkorea geboren und in einer presbyterianischen Familie aufgewachsen war, machte sich alsbald ans Werk. Die heute als Mun- Sekte oder „Vereinigungskirche“ bekannte „Heilige Geist Vereinigung für die Vereinigung des Weltchristentums“ gründete er 1954, nach dem Korea-Krieg.
Im geteilten Land fiel seine Botschaft der Vereinigung auf fruchtbaren Boden: Wenn erst einmal der Kommunismus besiegt sei, dann werde das Himmelreich auf Erden entstehen. Geführt vom neuen Messias und seiner Frau, den „wahren Eltern“ der Menschheit, werde eine globale Theokratie entstehen. In dieser Ordnung würden die verschiedenen Rassen der Welt ihren Fähigkeiten entsprechend eingesetzt – die Asiaten als spirituelle Führung, die Weißen mit ihrem technischen Vermögen und schließlich die Schwarzen mit ihrer Körperkraft.
In den folgenden Jahren gewann die Bewegung Mitglieder nicht nur in Südkorea, sondern auch in den USA und Europa. Wie groß die Zahl seiner Anhänger heute ist, liegt wie die meisten der Aktivitäten der Mun-Sekte im dunkeln. Die geschätzte Zahl liegt zwischen weltweit 500.000 bis zwei Millionen. Bekannter sind die Methoden der Indoktrinierung: Ehemalige Mitglieder berichten von schwerstem psychischem Druck und Isolierung von ihren Familien. Mun persönlich, so will es die Selbstdarstellung der Sekte, wählt die Ehepartner seiner Anhänger aus und führt die wildfremden Eheleute in Massenhochzeiten zusammen. Auch so soll absolute Unterwerfung erreicht werden.
Die religiösen Aktivitäten sind eng verzahnt mit einer unüberschaubaren Zahl wirtschaftlicher Unternehmungen und Kulturorganisationen. Direkt oder über Stiftungen kontrolliert Mun Waffenfabriken, Maschinenbaufirmen oder Ginseng-Exportgeschäfte. Wie reich die Mun-Bewegung ist, kann nur vermutet werden. Experten schätzen das Vermögen der Mun-Sekte und von ihr kontrollierter Gruppen auf mehrere Milliarden US-Dollar.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, den Mun in Moskau 1990 als Erfolg seiner Bewegung feierte, hat die Sekte ihre Missionstätigkeit in den ehemaligen Ostblockländern verstärkt. Jutta Lietsch
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