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Dolchstoß-Karikatur

■ betr.: Karikatur auf Seite 8 zum Thema Bosnien, taz vom 13. 6. 95

Vergeblich suche ich nach einem Untertext, der die Karikatur seinerseits ironisiert, aber nichts da: die taz meint es ernst.

Da sehen wir einen zähnefletschenden Bluthund namens „Serbs“ – nicht etwa „Karadžić“, sondern schlicht „die Serben“ – und wir sehen einen arg zerzausten Nato-Soldaten – nicht etwa „UNO“ – als dummen Hanswurst, der „Männchen“ machen muß.

Vergessen die Rolle der Nato beim Militärputsch 1980 in der Türkei, als jahrelange Atom- Kriegstreiber Nr. 1, vergessen die Gladio-Affäre und die Rolle der Nato als militärisches Rückgrat des westlichen Imperialismus, dessen Befugnisse bis weit in innerste gesellschaftliche Bereiche hineindirigieren. Bei weitem nicht so harmlos, wie der jämmerliche Rucksackträger auf Seite 8, mit Holzgewehr und Nasenpflästerchen.

Wir sollen uns den Völkermord in Ex-Jugoslawien reduzieren lassen auf den Kampf von „guten“, aber allein gelassenen Nato-Soldaten gegen böse Serben-Tiere? Sorry, diese Art von Dolchstoß- Karikatur kommt mir doch sehr bekannt vor. Bedrohten in diesem „Karikatur“-Jahrhundert nicht schon russische Bären, jüdische Hunde und derlei andere Tiere arme, aber alleingelassene deutsche Wehrmachtssoldaten? – Ungestraft?

[...] Auf Seite 10 der nächste Soli-Aufruf – diesmal für die Schnelle Eingreiftruppe. Sollen wir jetzt sagen: Stimmt, ein Mann muß tun, was ein Mann tun muß, also: Bomben, damit eine Rühe ist?

Wer ist der nächste Hussein, mit dem wir Geschäfte machen, bis er aus dem Ruder läuft und „unsere“ Zivilisation mal wieder die Menschenrechte entdeckt, als Legitimation für's Kriegspielen? Ecco Meineke, Kabarettist,

München

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