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„Wir müssen in dieser Koalition klarmachen, was die Stadt an der SPD hat“

■ Ulrike Hövelmann, Lehrerin und auf Platz 31 für die SPD in die Bürgerschaft gewählt, ist eine engagierte Verfechterin der SPD-Bildungspolitik

taz: Sie sind als engagierte Lehrerin immer besonders an der Bildungspolitik interessiert gewesen. Können Sie sich vorstellen, eine Elisabeth Motschmann zur Bildungssenatorin zu wählen?

Hövelmann: Ich bin nicht nur interssiert gewesen an der Bildungspolitik, ich bin es natürlich immer noch. Ich habe im Personalrat schulen gearbeitet. Mittlerweise muß ich sagen, daß man sich heute manches vorstellen muß, was vielleicht vor einem halben Jahr noch nicht vorstellbar war. Frau Motschmann als Bildungssenatorin ist mit Sicherheit nicht meine Wunschkandidatin.

Bereuen Sie, in die Politik gegangen zu sein, wenn Sie jetzt möglicherweise sowas gegen Ihre Überzeugung mittragen müssen?

Erstmal muß ich das noch nicht mittragen, das ist noch nicht entschieden. Das ist eine komische Frage, „in die Politik gegangen“ zu sein...

... in die Berufspolitik.

Politik macht man ja, um Inhalte durchzusetzen...

Eben. Dachte ich auch.

... und die Inhalte sind gekoppelt an die Verhältnise und die Verhältnisse sind nicht nur die, die das Wahlergebnis ergeben haben, sondern auch die finanziellen Verhältnisse.

Kann die SPD es sich leisten, ausgerechnet die Bildungspolitik jetzt in CDU-Hände zu geben im Senat?

Ich in vehement dafür, daß das Bildungsressort bei der SPD bleibt, und dafür werde ich auch kämpfen.

Hat die SPD eine Senatoren-Kandidatin?

Mit Sicherheit.

Zum Beispiel? Brinkfriede Kahrs?

Es gibt in der jetzigen Phase keine Grundlage, sich zu personellen Entscheidungen zu äußern. Erstmal müssen die Inhlte entschieden werden und dann geht es darum, wer sie verantworten soll. Natürlich ist Brinkfriede Kahrs eine potentielle und eine gute Kandidatin.

Viele fühlen sich in Bremen wohl wegen des liberalen und offenen Klimas, dafür steht die Bildungspolitik, die Kulturpolitik, die Universitätspolitik. Was wird die große Koalition für das Klima in der Stadt bedeuten?

Eine schwierige Frage. Das müssen wir erst einmal selber lernen, die ganze Stadt. Ich kann das das sozialdemokratischer Sicht versuchen zu beantworten: Die Erkennbarkeit sozialdemokratischer Politik, das, wofür wir stehen, die Offenheit in der Kultur- uind Bildungspolitik, Integration von Menschen, die von Ausgrenzung bedroht sind, das müssen wir deutlicher in den Vordergrund stellen. Vielleicht können wir dadurch den Menschen in der Stadt klarmachen, was sie an ihrer SPD und auch an ihrer bremischen SPD haben und welche Folgen eine konservative Politik auf das Klima in der Stadt haben könnte.

De facto wird es aber gemessen an sozialdemokratischen Zielen Rückschritte geben, mit Zustimmung der SPD-Fraktion.

Das müssen wir an den Themen klarmachen...

Zum Beispiel in der Bildungspolitik.

In der Bildungspolitik wäre es die Frage: Werden Privatschulen mit einbezogen in die Kürzungsrunden, kommt die Schulzeitverkürzung auf 12 Jahre, die die CDU gefordert hat...

... und die Frage der Stufenschulen.

Ja, und diese Strukturfrage, auch ob es neue Gymnasien geben soll. Da hoffe ich aber auch, daß bei diesen Strukturfragen die Leute vor Ort, die betroffen sind, sich einmischen.

Wenn es dann vor Ort zu kleinen außerparlamentarischen Protestbewegungen und Demonstrationen kommt - sind dann Abgeordnete wie Sie auf der Straße dabei?

Ich wäre ganz froh, wenn es zu solchen Demonstrationen kommen würde. Das würde zeigen, daß sich die Menschen gegen drohende Rückschritte wehren.

Aber die SPD-Abgeordneten haben das, wogegen demonstriert wird, mit zu verantworten. Die SPD ist nicht gezwungen zu einer großen Koalition, sondern hat sie mit der Mehrheit ihrer Mitglieder so gewollt.

Die Mehrheit der Mitglieder hat uns den Auftrag gegeben, mit der CDU in Koalitionsverhandlungen einzutreten. Wenn sich herausstellt, das in einer großen Koalition zu viele sozialdemokratische Ur-Positionen verletzt würden, müssen wir neu beraten. Int.: K.W.

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