: Chirurgen fürchten subventionierte Konkurrenz
■ Berufsverband bezweifelt Bedarf für privates High-Tech- Medizinzentrum
Der Berufsverband der Berliner Chirurgen hat sich gestern gegen die Subventionierung einer geplanten Privatklinik für „Minimal invasive Chirurgie“ (MIC) in Spandau ausgesprochen.
„Für das geplante Projekt besteht überhaupt kein Bedarf, weil die Versorgung mit der schonenden Eingriffstechnik flächendeckend gesichert ist“, so Ulrich Kunath, Chirurg am Urban-Krankenhaus. Die Spandauer Klinik sei so konzipiert, daß dort nur Standardeingriffe durchgeführt werden können. „Es ist beispielsweise keine Intensivstation vorgesehen“, moniert Kunath. Der Berufsverband der Chirurgen befürchtet deshalb, daß in dem neuen Zentrum nur die komplikationslosen, gewinnträchtigen Operationen durchgeführt werden. „Den Krankenhäusern, die jetzt schon mit MIC arbeiten, bleiben dann nur noch die Fälle, in denen der Krankenkassensatz nicht kostendeckend ist“, prophezeit Jochen Konradt vom Zehlendorfer Behring- Krankenhaus. „Statt eine Privatklinik mit 29 Millionen Mark zu unterstützen, sollte der Senat das Geld lieber den bestehenden Einrichtungen zur Verfügung stellen“, fordert Konradt.
Auch der gesundheitspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Bernd Köppl, steht der Planung skeptisch gegenüber. „In dem Spandauer Zentrum sollen 6.000 Operationen im Jahr durchgeführt werden“, so Köppl. „Die Gefahr, daß Patienten operiert werden, bei denen es überhaupt nicht notwendig ist, liegt deshalb sehr nahe“, gibt der bündnisgrüne Politiker zu bedenken. Wenn auch jede zweite Frau einen Gallenstein habe, reiche oft die Behandlung mit einer Diät-Therapie aus. „Um eine Kostenexplosion zu vermeiden, muß eine Qualitätskontrolle stattfinden, bei der auch die Indikationsstellung erfaßt wird“, fordert Köppl.
Gesundheitssenator Peter Luther (CDU) dementierte gestern gegenüber der taz, daß hinsichtlich des MIC-Zentrums schon eine Weichenstellung erfolgt sei. „Wir müssen klären, ob überhaupt das Geld dafür da ist und ob ein solches Zentrum nicht besser in einem öffentlichen Krankenhaus aufgehoben ist“, so Luther. Eine Entscheidung darüber werde Mitte nächster Woche fallen, erklärte der Gesundheitssenator. Gesa Schulz
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