: Fünfzig Pfennig Pfand für Berliner Bierdosen
■ Umweltausschuß des Abgeordnetenhauses will aus dem Grünen Punkt aussteigen
Berlin (taz) – Bierdosen könnten in Berlin eine Koalitionskrise auslösen. Am 22. Juni muß das Abgeordnetenhaus darüber entscheiden, ob ab 1. August ein Pfand von 50 Pfennigen auf die Millionen Dosen erhoben wird, die in der deutschen Hauptstadt meistens im Gebüsch landen.
Tatsächlich sind etwa 400 Tonnen Aluminium im letzten Jahr der Wiederverwertung verlorengegangen, die der Grüne Punkt auch in Berlin verspricht. Nicht nur die Freidemokraten finden, das Duale System sei in der Hauptsadt an der Dosenfrage gescheitert. Ihrem Antrag, den wegeworfenen Wertstoff mit einem Pfand zu veredeln, haben sich am späten Donnerstagabend im Umweltausschuß auch die Sozialdemokraten, die Bündnisgrünen und die PDS angeschlossen; die Christdemokraten, die mit der SPD zusammen regieren, zogen vergrätzt von dannen.
Wenn es bei dieser Koalition bleibt, wäre Berlin das erste Bundesland, das aus dem Dualen System ausbricht. Denn die Freidemokraten wollen mit ihrem Dosenpfand zugleich die sogenannte „Freistellung“ des Handels von den Vorschriften der Verpackungsverordnung aufheben. Die kostenträchtige Pflicht, Verpackungen selber zurückzunehmen, entfällt nur, wenn ein gewisser Anteil des Abfalls nachweislich wiederverwertet wird. Zur Zeit gilt noch eine Quote von fünzig Prozent für alle Stoffe, sie soll bis zum nächsten Jahr auf 80 Prozent ansteigen. Doch das Berliner Vertrauen in den Grünen Punkt ist schon jetzt tief erschüttert. Die Bonner Zentrale des Dualen Systems und das Berliner „DASS“, das im Auftrag des Dualen Systems den Berliner Müll einsammelt, können sich noch nicht einmal mehr über die Zahlen einigen. Der lokale Vertragspartner hat ausgerechnet, daß im Jahr 1994 nur acht Prozent des Dosen-Aluminiums nach Gebrauch eingesammelt worden ist, die Zentrale kommt auf 22 Prozent. Wer in diesem Verwirrspiel recht hat, erscheint den Freidemokraten jedoch eine akademische Frage. Denn beide Zahlen liegen weit unter dem Wert, der in der zweiten Stufe des DSD erreicht werden müßte. nh
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