: Die Sahara kommt, in Zypern brennt's
Bei der ersten Konferenz gegen die Versteppung des nördlichen Mittelmeerraums war man sich über die Ursachen einig, allein: Es fehlt der Wille zum Handeln ■ Aus Madrid Reiner Wandler
Die Bestandsaufnahme sieht düster aus. 36 Prozent der Erdoberfläche, 18 Prozent der Bevölkerung sind von der Versteppung der Böden bedroht. Klimawechsel, exzessive Land- und Viehwirtschaft, zu hoher Wasserverbrauch oder der Rückgang der Waldbestände sind die Ursachen für das Vordringen der Wüste – auch in Europa.
Auf der „1. Konferenz gegen Versteppung und Verwüstung des nördlichen Mittelmeerraumes“ debattierten Delegierte aus 20 Ländern erstmals die Bedrohung ihrer Länder. Der Direktor des Europäischen Umweltamtes (EUA), Domingo Jiménez Beltrán, hatte zu dem Treffen in die spanische Küstenregion Almeria, Europas größte Wüste, geladen.
Am nördlichen Mittelmeer führt Spanien mit 25 Prozent verstepptem Boden die Liste vor Griechenland und Portugal an, so der Bericht des von der EU geschaffenen EUA. Die betroffene Gesamtfläche der Region wird mit 200.000 Quadratkilometer beziffert. Das Hauptproblem heißt Trockenheit. Griechenland schlug 1993 alle Rekorde. Fünf Monate am Stück mußten die Helenen auf jegliche Niederschläge verzichten, einmalig in den letzten 75 Jahren. In Spanien leben drei Millionen Menschen mit mehrstündigen Wasserabschaltungen. Die Landwirtschaft verzeichnet Millionenverluste. Bis zum Jahr 2030 sollen die Niederschläge um bis zu 15 Prozent zurückgehen, die Folgen: ein Absinken der Bodenfeuchtigkeit um ein Viertel. 20 Prozent weniger Getreideerträge sind nur eine der Konsequenzen, die sich daraus ergeben.
Die zunehmenden Waldbrände leisten der Bodenerosion zusätzlich Vorschub. Mit 430.000 Hektar abgebrannter Fläche allein im letzten Jahr führt Spanien die Liste an. Derzeit brennen in Zypern rund 500 Hektar Wald, Tendenz steigend. Regen und Wind tragen die fruchtbare Humusschicht ab, der Wüstengürtel weitet sich aus. Die Pläne des Umweltministeriums in Madrid, 40 Prozent des Landes wiederaufzuforsten, liegen mangels Finanzmitteln in der Schublade. „Die reichen Länder im Norden müssen endlich begreifen, das die Wiederaufforstung für den Süden genauso wichtig ist, wie für den Norden der Ausbau des Straßennetzes und der Kommunikationsmittel“, mahnt Jiménez Beltrán am Ende der Konferenz.
Der wichtigste Beschluß in Almeria blieb dementsprechend, daß die EU der UN-Wüstenkonvention beitritt. Die war 1994 verabschiedet worden, weil die Folgen der Versteppung in den armen Regionen des Planeten nicht mehr zu leugnen sind: Bis zum Jahr 2050 werden 150 Millionen Umweltflüchtlinge erwartet.
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