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Die große Kunst der kleinen Gesten

■ Im Gespräch: Rudolf Blaum über Wege aus der Sackgasse der „Beutekunst“-Verhandlungen

In den USA hat der Kunstverein erstmals sein Recht auf die Rückgabe verschleppte Kriegsbeute zugesprochen bekommen. Aber die offiziellen Verhandlungen in anderen Ländern liegen weiterhin auf Eis, besonders die Gespräche mit russischen Unterhändlern. Woran das liegt und wie es trotzdem weitergehen könnte, erklärte Rudolf Blaum im taz-Interview. Blaum, Vorstandsmitglied des Bremer Kunstvereins, gehörte bis vor kurzem der deutschen Museumskommission für Rückführungsfragen an.

taz: Bei den Rückführungs-Verhandlungen mit der russischen Seite fährt das Auswärtige Amt ja eine sehr harte, fordernde Line. Trägt diese Haltung nicht maßgeblich dazu bei, daß sich nichts bewegt?

Rudolf Blaum: Ich verstehe ja, daß sich das Auswärtige Amt gegenüber den Russen zunächst auf den Standpunkt stellt: Die Verträge (über die Rückgabe der Bremer Bilder, Anm.d.Red.) habt ihr zweimal unterschrieben; es kann doch wohl nicht wahr sein, daß das jetzt nicht mehr gelten soll. Aber dann ist es eben die Frage der Politik, wie man trotzdem einen Weg findet. Ich muß auch zur Kenntnis nehmen, was mir von russischen Teilnehmern der Verhandlungen direkt entgegengehalten worden ist; die sagen: „Dann haben wir den ganzen Krieg umsonst gewonnen, alles verloren, und das bißchen, was wir noch haben, ist die Beutekunst – die wird uns nun auch noch weggenommen.“ Dieser Einstellung kann man nicht mit Rechtserwägungen begegnen, sondern nur mit politischen Mitteln. Darauf muß man Rücksicht nehmen.

Wie es in den privaten Verhandlungen des Bremer Kunstvereins geschehen und gelungen ist.

Ich würde da erstmal klar unterscheiden zwischen Rußland und den anderen Nachfolgestaaten. In der Ukraine haben wir ja vor kurzem das höchst Erfreuliche erlebt, daß die ukrainische Regierung der Rückführung unseres Selbstbildnisses von Hans von Mareés zugestimmt hat.

Ohne Zutun des Auswärtigen Amtes allerdings.

Das haben wir alles von uns aus gemacht, ja; da haben wir direkt mit den Ukrainern verhandelt. Über Professor Eichwede vom Bremer Osteuropa-Institut ist es dabei auch zu einigen Rückgaben von deutscher Seite gekommen. Bücherbestände und eine sehr wichtige Urkunde aus der Zeit Peters des Großen sind in die Ukraine zurückgekehrt, so daß die Dinge da wohl den richtigen Weg gehen. Ich bin ganz positiv, daß wir uns da nicht festfahren werden. Was die Russen betrifft, kann ich im Moment gar nichts sagen.

Heißt das, daß Fortschritte künftig nur noch über Einzelaktionen wie die des Bremer Kunstvereins zu erzielen sind, nicht mehr auf offizieller Ebene?

Es kann nicht in tausend Einzelfälle ausufern. Bei dieser Fülle glaube ich, wird man gar nicht darum herumkommen, irgendwo auf einer höheren Ebene mit den Russen ein vernünftiges Gespräch zu führen. Daneben gibt es immer wieder Initiativen von Professor Eichwede und mir, mit Leuten bis ins russische Kultusministerium hinein zu reden und sie zu bitten: Kehrt doch auf den Weg zurück, auf dem wir uns schon über die Bremer Bilder geeinigt hatten! Aber da heißt es: Es ist politisch nicht mehr möglich. Wir können nicht mehr dahin zurück. Der Trend der Duma ist heute: Es wird alles nationalisiert, es gehört alles Rußland.

Damit muß man leben. Aber man muß das irgendwann auf einer politischen Ebene lösen. Und da kann der Weg immer nur sein, daß man bestimmte kulturelle Gesten der Zusammenarbeit macht. Das muß sich nicht immer in Mark und Pfennig ausdrücken. Das kann man ja auch sehr geschickt machen. Eichwede hatte damals einen sehr klugen Gedanken, als sich die Dinge festfuhren, gleich nach dem „Bremer Protokoll“ über die Rückgabe der Baldin-Sammlung. Er meinte, jetzt müßte Deutschland kommen und sagen: „Wir schenken als Ausgleich für alles, was wir Rußland angetan haben, dem Katharinenpalast ein neues Bernsteinzimmer.“ Das hätte in Rußland eingeschlagen, das hätte einen unvorstellbaren Presseeffekt gehabt. Aber das war in der deutschen Politik nicht drin. Ich bin überzeugt: Solche Gesten brauchen wir, um weiterzukommen. Fragen: Thomas Wolff

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