■ Scheibengericht: Die Interpreten
Stollen 4 (Trikont/Indigo US-0211)
Authentische Volksmusik – als ob es so etwas gäbe! Das einzig Authentische an der Volksmusik ist ihr Hang zur Veränderung. Immer und überall saugt sie frische Einflüsse auf, so daß viel von dem, was heute „ursprünglich“ und „echt“ erscheint, einmal revolutionär begann.
„Die Interpreten“ aus München tragen diesem Umstand Rechnung. Verkniffene Traditionspflege ist ihre Sache nicht. Wenn andere die alten Tänze pflegen und brav musizieren, streichen sie deren anarchisches Potential heraus. In ihren „Interpretationen bayerischer Volksmusik“ röhrt das Tenorsaxophon kräftiger als der Hirsch von der Stubenwand. Das Schlagzeug groovt in Funk-Manier oder klöppelt verquere Rhythmen, während das Baritonsax tiefe Furchen in den volksmusikalischen Boden reißt.
Dennoch gerät der Umgang mit dem traditionellen Material nicht flapsig, sondern gewissenhaft. Jodler und Landler werden nicht als folkloristische Souvenirs behandelt, sondern in ihrer Eigenart ernstgenommen, dabei improvisatorisch ausgemalt und musikalisch vertieft. Oft sind es recht stille Stimmungsbilder, die so entstehen. Doch fehlen auch grellere Farbtupfer nicht. So klingt „Rootsmusic“ aus dem deutschen Süden auf der Höhe der Zeit.
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