: Mainka nascht in fremden Gärteln
■ betr.: „Und redet. Und redet. Und redet.“, taz vom 26. 6. 95
Wo sich der Sperrsitz befindet, wo der Rang, „wissen nur die wenigsten Fernsehzuschauer“, „weiß jeder, der schon einmal mit Kluge zu tun hatte“. Kluge, der Mann mit „viel Einfluß“. Platzanweiser beziehen ihre Autorität aus den oberen Etagen. Die Fernsehzuschauer kommen da nicht ran, man muß schon mit „Tilman Baumgärtel“ an entsprechender Stelle zeichnen können. Die Fernsehzuschauer, Alexander Kluge und schließlich „Tilman Baumgärtel“. Was ist das für eine Konstellation? Wo drückt der Schuh? An Maximilliane Mainkas TV-Portrait gefällt Baumgärtel nur, daß Kluge als „mächtiger Mann“ bezeichnet wird. A.K., der Verführer, genannt m.M., wird zum „Drahtzieher“, dessen Machenschaften „im dunkeln“ liegen. „Wieviel Einfluß Kluge hat, wissen nur die wenigsten Fernsehzuschauer.“ Mit Kluges Regieassistenz bei Fritz Lang wäre es zu Mabuse nicht mehr weit. Aber wer wollte schon mit Zimmermann in einer Reihe stehen? Nur, wie sagt man mutmaßlich Mabuse, ohne es zu sagen? Schuster zu deinen Leisten. Fernsehzuschauer sind unbedarft, beeinflußbar. Das kann gefährlich werden, einiges aus dem Ruder geraten. Bei „Frau Mainka“ ist es bereits geschehen, sie ist verführt. „[M]it ihrem Portraitpartner per du“ arbeitet sie „eng an Kluges eigene Fernsehsendungen ... an[ge]lehnt“, streng nach seiner Vorgabe. Der Kopf ist dahin, Mainka bei den Zuschauern. Kluge scheint es mal wieder geschafft zu haben. Tja, die Drähte!
Gibt es einen besseren Beweis dafür, wie weit der Einfluß dieses Mannes reicht? Ja, Schaufenster. Wenn Kluge seine eigenen Sendungen unpassend als Schaufenster beschreibt und Baumgärtel das wörtlich nimmt, ihm an den Lippen klebt, anstatt seine Sendungen für eine Beurteilung heranzuziehen. Man könnte ja mal die (Matt-)Scheibe einschlagen und sehen, ob jemand, vielleicht gar Kluge, dahinter sitzt und es schafft, „im wesentlichen selbst [zu] reden“.
Woran liegt die mangelnde Kompetenz von „Frau Mainka“? „Von ... Rutschky“ nennt sie schlicht „Frau Burger, Dr. Brickwedde und Herr Höhn“ (taz vom 17./18. 6. 95. „Wahrscheinlich liest wieder kein Schwein“). Mit „Von ... Rutschkys“ „Leserbriefschreibern“ hat „Frau Mainka“ eine Verhaltensstörung gemein: Sie weiß nicht, wo ihr Platz ist. „Leserbriefschreiber“ haben auf der Rutsche nicht gelernt, daß „Lesen und Schreiben ... als Sozialaktivitäten strikt voneinander getrennt“ sind – „[a]lle wollen bloß schreiben“. Mainka nascht in fremden Gärteln, sie kann nicht sprechen, bloß zu einem Dauerfeuer aus „hm“, „ja?“ und „ach!“ ist sie in der Lage. Immerhin hat „Frau Mainka“ noch ihren Namen. „Leserbriefschreiber“, das kann man bei „Von ... Rutschky“ lernen, werden ohne Eigennamen zitiert. Sie haben keine, es sei denn, man vergibt welche.
„Leserbriefschreiber“ sind keine Individuen, sondern „Autorenproletariat“. Und der Klassenwiderspruch besteht darin, daß sie Individuum sein wollen. Was ist, wenn daraus, aus dem „An-Sich“ ein „Für-Sich“ wird? Vielleicht, liebe taz-Red., läßt sich das Schlimmste verhindern, indem man die Rubrik „LeserInnenbriefe“ rechtzeitig abschafft. Verena Mund, Bielefeld
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