: Dreizehn Hungertote in Srebrenica
■ Bosnische Armee versucht Zugang zur Enklave freizukämpfen / Eingreiftruppe soll Samstag einsatzbereit sein
Sarajevo (AFP/taz) – Die Führung der bosnischen Armee scheint sich entschieden zu haben, den Zugang in die Enklave und UN-Schutzzone Srebrenica freizukämpfen. Seit einer Woche werden Kämpfe aus der ostbosnischen Region gemeldet, gestern nahmen diese an Härte zu. Nach Berichten der UNO setzen sowohl die Bosnier als auch die Serben Panzer und schwere Artillerie ein. Sechs Raketen seien auf die Stadt abgefeuert worden. Anlaß für die neue bosnische Offensive ist offenbar die sich ständig verschlechternde Versorgungslage der Stadt, in der zur Zeit rund 40.000 Menschen leben. So hatte eine Sprecherin der bosnischen Regierung am Mittwoch mitgeteilt, daß in Srebrenica in den letzten Tagen 13 Menschen verhungert seien. Nach Angaben des UN-Flüchtlingswerkes benötigt die Stadt monatlich rund 680 Tonnen Lebensmittel. Im Juni hatten die Hilfsorganisationen jedoch nur 190 Tonnen in die von den serbischen Truppen belagerte Enklave bringen können. Auch für Journalisten ist der Zugang seit Monaten unmöglich.
Aber auch rund um Sarajevo und im nordwestbosnischen Bihać gingen die Kämpfe weiter. Dort hatten serbische Flugzeuge am Mittwoch das letzte noch funktionierende Elektrizitätswerk der Enklave angegriffen.
Angesichts der eskalierenden Kämpfe demonstrieren auch die westlichen Staaten Handlungsbereitschaft. Frankreich drohte mit einer Intervention seiner Eingreiftruppe, wenn der Zugang zur bosnischen Hauptstadt bis zum Wochenende nicht wieder hergestellt sei. Die rund 2.000 französischen Soldaten für diese Truppe seien am Samstag einsatzbereit, erklärte der französische Verteidigungsminister Charles Millon in Paris. „Die Entscheidung für eine Öffnung (des Belagerungsrings) muß schnell getroffen werden. Man kann die blindwütige Bombardierung der Stadt nicht mehr tolerieren“, sagte er.
EU-Vermittler Carl Bildt besuchte gestern Mostar und Sarajevo. In der Hauptstadt der Herzegowina sprach er mit dem Präsidenten der bosnisch-kroatischen Föderation, Kresimir Zubak. Zubak stellte eine baldige Rücknahme der zum 1. Juli verfügten Schließung der bosnisch-kroatischen Grenze bei Kamensko für die bis zu 12.500 Mann starke Eingreiftruppe in Aussicht. Die bosnischen Kroaten hatten die Grenze am 1. Juli geschlossen, da sie von der UN nicht über die genauen Aufgaben der Eingreiftruppe informiert worden waren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen