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Wolkenkratzer am Kolle

■ Wenn „Bild“-Reporter die taz lesen, geraten sie schnell aus der Fassung

Hätten sie Bild gelesen, Wolfgang Thierse, Gerd Poppe und Marianne Birthler hätten einen Schreck bekommen. „Riesenkrach am Kollwitzplatz“ lautete vorgestern die Schlagzeile zum Foto des überlebensgroßen Selbstporträts der Käthe Kollwitz auf dem „beliebten“ Kiezplatz in Prenzlauer Berg. Die Plastik, meldete Bild, solle dem sozialen Wohnungsbau weichen. „Völlig unklar, diese Entscheidung“, empört sich die Text- Bildnerin Claudia Drews.

Doch die Ostberliner Oppo- Prominenz liest bekanntlich lieber die FAZ, und die Bild-Reporterin kann überhaupt nicht lesen, sondern lediglich – falsch! – abschreiben.

„Kollwitz-Plastik steht Wohnungsneubau im Wege“, meldete tags zuvor die taz über den geplanten Bau von fünf Sozialwohnungen an der Kollwitzstraße 25. An der Ecke Knaackstraße, dem ehemaligen Wohnort der Künstlerin und ihres Mannes, des Armenarztes Karl Kollwitz, erinnert heute die kleine, denkmalgeschützte Plastik „Die Schützende Mutter“, respektive „Mutterliebe“, von Fritz Dietrich aus dem Jahre 1937 an die Bildhauerin. Auf diese lauschige Lücke soll gebaut werden.

Käthes ungleich größeres Selbstporträt auf dem Kollwitzplatz, von den Kiez-Kids zum Gebrauchsgegenstand erhöht, bleibt selbstredend stehen. Hätte die Wohnungsbaugesellschaft an Stelle der in den fünfziger Jahren von Gustav Seitz gegossenen Plastik einen Wolkenkratzer geplant, es wäre weder der taz noch dem Kanzler entgangen. So aber ist es wie in der Schule: Wer abschreibt, wird auch erwischt, wenn er die Spuren verwischt. Also: Setzen, Sechs! Uwe Rada

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