StudentInnen auf der Suche

■ Was fördert eine Gruppe von Kulturwissenschaftlern über die Stadt zutage?

Rathaus

Mit den klassischen Altertümern der Stadt tut man sich offensichtlich schwer. Die Seiten über das Bremer Rathaus enthalten wirklich nur das Allernotwendigste. Dabei wird noch zu viel Platz für den Vorläufer des Rathauses verschwendet, bis man sich endlich zu dem aktuellen und somit sichtbaren Bau mit der „Weserrenaissance“-Fassade vorgearbeitet hat. Die hier in Stein gehauenen Symbole und Allegorien werden gerade mal als „beachtenswert“ erwähnt. Schade, denn sie sind der Clou des Bremer Rathauses. Eine Entschlüsselung, durch die dem Touristen ein paar nützliche Informationen aus einer längst vergangenen Welt an die Hand gegeben würden, wird nicht einmal versucht. Öffnungszeiten, Skizzen und die Eingliederung in das umliegende Marktplatz-Ensemble geben dem Ganzen wenigsten einen kompetenten Rahmen.

Böttcherstraße

An manchen Stellen des Entdeckerhandbuchs bewähren sich Tiefgang und Analyse. Mit dem in Bibliotheken geschliffenen Werkzeug läßt sich manch hellstrahlendes Licht in den schattigen Archivgängen der Geschichte installieren. Gut zum Beispiel zu wissen, wie es um die Geschichte des Tourismusmagneten „Böttcherstraße“ wirklich steht. Daß die Nazionalsozialisten hier einen Fall von schlimmstem „Kulturbolschewismus“ entdeckten und die Straße nur als Mahnmal der „entarteten Kunst“ überlebte, ist bekannt. Doch Autor Uwe Ramlow fördert zutage, daß Roselius selbst mit dem Gedankengut der Nazis geliebäugelt hatte, im nordischen Menschen den Arier schlechthin sah und in „deutschem Geiste“ bauen wollte. Schade nur, daß man offensichtlich den Brief Roselius' nicht gefunden hat, in dem er Hitler sogar den Umbau der Böttcherstraße anbietet. Aber in jedem Fall wird durch die Information das Bild hintergründiger und facettenreicher.

Worpswede

Im Entdeckerhandbuch fällt das Kapitel über Worpswede bescheidener aus; die – studentischen – AutorInnen lassen sich vom Mythos des Ortes offenbar nicht stören. Man wendet sich lieber der Kehrseite der Medaille, dem Tourismus, zu. Einem Rundgang durch Worpswede kann sich freilich auch das Entdeckerhandbuch nicht verschließen. Ein Adressenteil, etwa mit originellen Ausflugspartien wie einer Bootsfahrt auf den idyllischen Kanälen der Hamme und Wümme, schließt sich an. Fahrradbewegten Worpswede-BesucherInnen kommt man mit einer detaillierten Tourbeschreibung von Findorff entgegen.

Food

Etwas resigniert schickt das Entdeckerhandbuch seinem kulinarischen Teil voran: „Wir haben die Bremer Küche gesucht und nicht gefunden. Warum es in Bremen so wenig bezahlbare Fischrestaurants gibt, blieb uns ein Rätsel.“ Traditionskaffeehäuser, Szenecafés, Restaurants, Draußensitzen, Kneipen heißen hier die Rubriken. Im Restaurant-Bereich wird zwischen „Exklusiv“ und „Buntem Querschnitt“ unterschieden. Jedes aufgeführte Lokal hat seinen kleinen Kommentar. Weitere, politisch korrekte Rubriken: „Treffpunkte für Frauen“, „Treffpunkte für Männer“. Alle anderen Etablissements sind wohl nicht geschlechtsgebunden. Nettes Detail: Zwei Rezepte, Braunkohl mit Pinkel und Labskaus, finden sich im Handbuch.

Service

Einen Index kann das Entdeckerhandbuch nicht bieten, will es auch gar nicht. Sinnvolle Entscheidung: die Trennung des Teils „Shopping von A – Z“ und sonstigen Serviceleistungen. Für Konsum aufgeschlossene Mitmenschen (ca. 99,5 % der Touristen) werden hier zu interessanten Adressen geführt. Etwa zu Bremens einziger Maßschusterei oder einem Fachgeschäft für Papiermodelle. Ein Lob auch dem Kapitel „Mit dem Rollstuhl durch Bremen“. Verkehrsmittel, öffentliche Toiletten, Kulturinstitutionen – alles haben die AutorInnen auf behindertengerechten Zugang überprüft. Vergeblich wird der mit den deutschen rigiden Öffnungszeiten nicht Vertraute allerdings nach Infos über Einkaufen nach Ladenschluß suchen.