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Bloß keine Politik – „sonst eskaliert es hinterher“

■ Im Berliner Bezirk Kreuzberg übt die türkische Community Zurückhaltung, erst wenn Menschen Opfer der Gewalttaten der PKK in Deutschland würden, „würden die Türken zurückschlagen“

„Wir müssen uns beherrschen“, sagt ein 25jähriger Türke, der in Deutschland geboren wurde. Im Unterschied zu vielen Kurden, die illegal in Deutschland seien und „bei einem Bombenanschlag nichts zu verlieren haben“, stehe für die Türken, die sich in Deutschland eingelebt haben, zu viel auf dem Spiel. Nur deshalb seien sie „noch leise“. Wenn die Türken wie die PKKler „Straßenkämpfer ohne Anmeldung“ wären, wäre es mit der Zurückhaltung längst vorbei. Doch solange sich die Angriffe der PKK gegen türkische Banken und Reisebüros richteten, falle die Beherrschung nicht sonderlich schwer. Denn für solche Schäden komme ja die Versicherung auf.

Erst wenn in Deutschland türkische Menschen angegriffen würden, „würden die Türken sofort zuschlagen“. Der 25jährige, der in Berlin eine Reinigung betreibt, hat Verständnis für die Forderungen der Kurden nach Krankenhäusern und Schulen. Doch Forderungen nach Land seien „absoluter Quatsch“. Genausogut könnten Türken nach einhundert Jahren in Deutschland ein Bundesland für sich beanspruchen.

In einem Café an der Grenze zwischen den Berliner Bezirken Kreuzberg und Neukölln verkehren nach Angaben des Wirtes, der eine kurdische Mutter und einen türkischen Vater hat, Türken, Kurden und Aleviten. „Als Besitzer bin ich dagegen, daß in meinem Lokal darüber diskutiert wird“, sagt der 27jährige, „sonst eskaliert es hinterher“. Seitdem vor einiger Zeit bei einem Streit zwischen einem Kurden und einem Türken ein Stuhl durch das Lokal geflogen sei, rede man nicht mehr über Politik. Auf Plakaten entlang einer Straße, die von Neukölln nach Kreuzberg führt, wird die „deutsch-türkische Regierung“ für den „Mord an Gülnaz Baghistani“ verantwortlich gemacht. Auch im Hof des deutsch-kurdischen Kulturvereins „Navca-Kurd“ hängt ein riesiges Transparent: „Die deutsche Politik trägt die Verantwortung für den Tod von Gülnaz Baghistani.“ Am Eingangstor hängen zwei große PKK-Fahnen. Die Polizei habe zwar die Auflage erteilt, so der Pressesprecher des Hungerstreikkomitees, auf dem Trauermarsch keine PKK-Symbole zu zeigen. Doch das lasse sich nicht vermeiden. Er gehe davon aus, daß die Polizei das tolerieren werde.

In einem benachbarten türkischen Vereinslokal für Arbeitslose sitzen etwa 40 Männer, Türken und Kurden, bei einem kurdischen Spiel. Auch dort, so der Vorsitzende des Vereins, vermeide man, über Politik zu reden. Einige Männer, die vor der Tür stehen, sind weniger wortkarg. „Die PKKler sollen ruhig deutsche Polizisten erschießen“, sagt ein junger Kurde, „damit die Bundesrepublik endlich merkt, wie schlimm die sind“. Die deutsche Regierung, so ein Türke, müsse gegen die PKK wie gegen die RAF vorgehen. Von dem derzeitigen Hungerstreik halten die Männer nichts. Es sei dumm, so weit zu gehen, daß Menschen sterben. „Solch ein Opfer ist nur wie eine Futterpflanze“, so ein Türke.

Ein anderer Türke weiß von vielen türkischen Einrichtungen in Berlin-Kreuzberg, die jeden Monat 5.000 Mark „Schutzgeld“ an die PKK zahlen müßten. Keiner sei so dumm, zur Polizei zu gehen. „Dann ist am nächsten Tag die Familie tot.“ Barbara Bollwahn, Berlin

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