: Rechtes Netz komplett
■ Jetzt auch eine rechtsextremistische "Thule"-Mailbox in Berlin / "Kaderfunktionäre" sollen in Verbindung treten
Die elektronische Vernetzung der rechtsradikalen Szene in und um Berlin ist abgeschlossen. Das rechtsextremistische „Thule“- Computernetzwerk hat jetzt auch eine Mailbox in Berlin. Das „Bunker Bulletin Board System“ (Bunker BBS) steht in Friedrichshain und ist rund um die Uhr online. Der Betreiber mit dem Pseudonym Baldur ist ein jüngerer Ostberliner Neonazi, der sich als ehemaliger Thälmann-Pionier zu erkennen gegeben hat. Das „Bunker BBS“ übernimmt alle Nachrichten des Thule-Netzes, hat jedoch keinen Zugang für „Gäste“ wie andere Mailboxen des rechtsradikalen Computerverbundes.
Bisher gab es in Berlin nur eine Mailbox der verbotenen Nationalistischen Front: Die „Sozialrevolution“ (SoReVo BBS) läuft als sogenanntes „mailing system“ – als elektronischer Briefkasten –, ist also mit Computer und Modem nicht anwählbar. Ein lokales „Nationales Infotelefon“ ist für eine Nachrichtenübermittlung zu unsicher, weil es von der Polizei abgehört und beschlagnahmt werden kann, wie kürzlich geschehen (die taz berichtete). Außerdem sind die Systembetreiber des Netzes angewiesen, Nachrichten strafbaren Inhalts zu löschen, um keinen Grund für eine Beschlagnahmung der Rechner zu liefern.
Mit dem „Bunker BBS“ sind jetzt elf Mailboxen des Thule-Netzes online, eine davon seit kurzem in der Nähe von Neubrandenburg. Weitere drei sind im Aufbau. Extern nehmen eine norwegische Box in Oslo und bald auch eine in Rotterdam an dem Nachrichtenaustausch der rechtsextremistischen Szene teil.
Damit ist das erreicht, was Kader der ostdeutschen Rechten schon im letzten Jahr gefordert haben. Im „Thule-Journal“ schrieb ein Rudolstädter Nazi mit dem Pseudonym Till Eulenspiegel, die „Führungskräfte“ in den alten Bundesländern seien zwar jahrelang geschult worden, ihnen fehle aber die personelle Basis, um ihre Ideen umzusetzen. Deshalb sei es wichtig, die „Kaderfunktionäre aus Nord- und Süddeutschland mit den Aktivisten aus Mitteldeutschland“ zu vernetzen.
Durch die Verjüngung der Kader wird die militante Rechte möglicherweise wieder für Jugendliche attraktiver. Ein Autor von „Bunker BBS“ sprach sich im April in einem längeren Beitrag des „Thule-Netzes“ für die Legalisierung von Haschisch und Marihuana aus, obwohl er wisse, daß das „rechte Lager überwiegend dagegen“ sei. „Es will mir nicht in den Kopf, warum etwas illegal sein soll, was weniger schädlich ist als Alkohol.“ Burkhard Schröder
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