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Rüstungshändler warten auf das Ende des Embargos

■ Doch schon jetzt ist es nicht allzu schwer, in Ex-Jugoslawien Waffen zu kaufen

Wien (AP/taz) – In seinem Chalet am Genfer See wartet einer der erfolgreichsten Waffenhändler der Welt auf die entscheidende Meldung. Heben die USA das von der UNO verhängte Waffenembargo gegen Bosnien tatsächlich auf, will er sofort 10.000 Kalaschnikows in das Kriegsgebiet liefern. Damit ist er nicht allein. Seitdem die Organisation islamischer Staaten vor zwei Wochen das Embargo aufhob, planen auch der Iran und andere islamische Staaten offen Waffenlieferungen für Bosnien. Die UNO weiß aber auch, daß bereits jetzt regelmäßig Rüstungsgüter illegal in die Staaten Ex-Jugoslawiens geliefert werden. Derzeit untersucht sie mehr als ein Dutzend Verletzungen des Waffenembargos.

Zum Beispiel stellten die tschechischen Behörden eine Schiffslieferung mit Plastiksprengstoff der Marke Semtex sicher, die angeblich für Afrika bestimmt war, dann aber auf den Balkan umgeleitet wurde. Nach Erkenntnissen des US-Geheimdienstes schmuggelte der Iran chinesische Panzerabwehrraketen vom Typ „Red Arrow“ für die Regierungstruppen nach Bosnien. Das kroatische Militär erhielt auf geheimen Wegen russische Mi-14-Hubschrauber. Und Rest-Jugoslawien hat nach einer Teilaufhebung der Sanktionen gegen Belgrad einen Weg gefunden, an zusätzliches Flugbenzin zu kommen: Es schickt seine Passagiermaschinen außerplanmäßig nach Rumänien, um sie dort mit doppelt soviel Treibstoff aufladen zu lassen wie nötig.

Inzwischen soll es nach CIA- Angaben etablierte Schmuggelrouten über Kroatien nach Bosnien geben. Einige Rüstungsgüter würden mit kleinen Fischerbooten, die die Nato-Blockade in der Adria leicht umgehen könnten, in die kroatischen Häfen gebracht. Andere Waffen werden per Flugzeug nach Zagreb geschmuggelt und von dort aus nach Bosien weitergeleitet.

Der bosnische Botschafter in Washington, Sven Alkalaj, spricht offen über die illegalen Rüstungslieferungen. „Es ist nicht schwierig, Waffen zu besorgen“, sagt er, es gebe genügend Waffenhändler, die Zugang zu allen gewünschten Rüstungssystemen hätten. Trotzdem sei das Embargo schmerzlich, denn es treibe die Preise in die Höhe. Derzeit müsse man das Drei- bis Vierfache bezahlen. Für den Fall, daß das Embargo aufgehoben wird, habe man eine Einkaufsliste in der Schublade, sagte Alkalaj. Der Gründer einer US- Rüstungsfirma hat bereits vor Wochen eine Anfrage eines Nato- Staates erhalten, ob im Falle einer Aufhebung der Sanktionen 10.000 Kalaschnikows verfügbar wären.

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