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Plattenbauten als grüne Vorzeigesiedlung

■ Bausenator Nagel zieht positive Bilanz des „Projektes Umweltforum Hellersdorf“

„Mit Blindheit ist geschlagen, wer nicht sieht, was sich hier in den letzten Jahren getan hat“, sagte Bausenator Wolfgang Nagel beim Abschluß des „Projektes Umweltforum Hellersdorf“. 2,8 Millionen Mark Forschungsgelder von Bund, Land, dem Bezirk und der Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf und knapp 200 Millionen für Baukosten und Förderungen hat das Vorhaben gekostet, „um zu zeigen, wie attraktiv die Platte sein kann und wie man einen ganzen Stadtteil ökologisch umbaut“, erklärte die Projektleiterin Monica Schümer-Strucksberg.

Stolz führte der Bausenator mit Bezirksbürgermeister Bert Marke und Arbeitssenatorin Christine Bergmann („Ich lebe gern hier in Hellersdorf“) durch das Viertel. Die Bilanz des Projektes: 760.000 Quadratmeter Freifläche wurden neu gestaltet, 40 Höfe neu geordnet, über 500 Müllstandsflächen begrünt. 25 Spiel- und Bolzplätze wurden gebaut, 90 Hauseingänge verschönt. 500 Giebelfelder (Seitenwände) erhielten Kletterpflanzen. Statt Abstandsgrün zwischen den Blocks wurden Mietergärten angelegt.

„Das haben wir nicht über die Köpfe der Einwohner hinweg gemacht“, versichert Jack Schmidt von der Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf. 100 ehrenamtliche Beiräte, die die Bewohner wählen durften, nahmen von Anfang an beratend an der Planung teil. „Ansatzweise so etwas wie Demokratie im Wohnumfeld“, nennt Schmidt das. „Wenn Sie was hinsetzen, was die Leute nicht wollen, passen sie einfach nicht drauf auf.“

Als Beispiel nennt Schmidt die sogenannten „Bauminspektoren“. „Der Vorschlag kam von den Hausgemeinschaften. Jetzt gehen alle paar Tage ein paar Bewohner durch das Viertel und beobachten den Zustand der 8.500 neuen und 1.000 alten Bäume.“ Wenn einer nicht angeht oder beschädigt ist, wird dies an die Wohnungsbaugesellschaft weitergegeben. „Durch solche Verantwortung in Selbstkontrolle sparen wir viel Geld“, erläutert Schmidt.

Die Müllentsorgung wurde durch 60 begrünte Sammelstellen vorangetrieben. Hellersdorf war die erste Großsiedlung, die die gelbe Tonne bekam. Daß hier ein großes Maß an ökologischem Bewußtsein herrscht, führt die Bürgermeisterin Christine Bergmann darauf zurück, daß es hier schon zu DDR-Zeiten viele Bürgerinitiativen gab. Bürgermeister Marke sieht Hellersdorf mit seinen 110.000 Einwohnern in 40.000 „Wohneinheiten“ im Aufwind: „Zwei Drittel der Bürger geben an, sie leben gerne hier; deutlich mehr als 1990.“ „Hier ist soviel in Grün investiert worden wie für die Bundesgartenschau, meinte Nagel. „Als 1990 die Schlaumeier kamen und sagten, hau die Plattenscheiße einfach weg, haben wir gewußt, daß das Schwachsinn ist.“ Adrian Prechtel

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