: Flüchtlinge in die Heimat vertrieben
■ Zaire deportiert immer mehr Bürgerkriegsflüchtlinge nach Burundi und Ruanda und zerstört die verlassenen Lager. UNO und Hilfsorganisationen protestieren hilflos
Berlin (taz) – Die Vertreibung ruandischer und burundischer Flüchtlinge aus den Camps in Zaire geht unvermindert weiter. Bis gestern mittag waren nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR etwa 9.500 Ruander und 2.000 Burunder in ihre Heimat abgeschoben worden. Weitere 130.000 sind einer Deportation zuvorgekommen und haben in den Bergen und Wäldern außerhalb der Camps Zuflucht gesucht. Mehrere Lager um die Stadt Uvira an der zairisch-burundischen Grenze sollen inzwischen völlig verlassen sein. Augenzeugenberichten zufolge durchkämmen zairische Soldaten zusammen mit einheimischen Bewohnern die leeren Lager, plündern und verwüsten sie. Damit soll eine eventuelle Rückkehr der Flüchtlinge verhindert werden.
Das UNHCR ist derzeit vor allem mit der Aufnahme der Deportierten in Ruanda und Burundi beschäftigt. In der ruandischen Grenzstadt Gisenyi ist ein gemeinsamer Krisenstab aus ruandischen Regierungsstellen, UNO-Mitarbeitern und Hilfsorganisationen dabei, die Neuankömmlinge in Auffanglager zu bringen. Dort werden sie von den ruandischen Behörden identifiziert und befragt. Wie UNHCR-Sprecher Fernando Del Mundo gestern der taz sagte, ist die erste Gruppe von zurückgebrachten Flüchtlingen bereits auf dem Weg in ihre Heimatdörfer. Berichte, wonach 57 Rückkehrer bereits wegen mutmaßlicher Beteiligung am Völkermord von 1994 verhaftet und 17 weitere in ein Militärcamp gebracht worden seien, konnte er nicht bestätigen. In Burundi gestaltet sich der Empfang der Flüchtlinge schwieriger, da in der Grenzregion Bürgerkrieg zwischen der burundischen Armee und Hutu-Guerillakämpfern herrscht.
Mittlerweile wächst der internationale Protest gegen die oft von brutalen Übergriffen begleiteten Deportationen. Der UN-Sicherheitsrat verlangte einstimmig von Zaire, die Zwangsausweisungen zu beenden. UN-Generalsekretär Butros Ghali forderte die UN-Hochkommissarin für Flüchtlinge, Sadako Ogata, dazu auf, nach Zaire zu reisen, und kündigte die Ernennung des kapverdischen Diplomaten Jose Luis Jesus zum neuen Sonderbeauftragten für Flüchtlingsfragen an. Das UNHCR steht nach eigenen Angaben bereits in Kontakt mit den zairischen Militärführern.
Die Hilfsorganisation Caritas berichtete unterdessen, unter den zurückgeführten Flüchtlingen gebe es auch freiwillige. Dies treffe auf 15 Prozent der Lagerinsassen um Uvira zu. Dort hätten CaritasMitarbeiter gesehen, wie Frauen und Kinder an den Straßenrändern auf Busse warteten, die sie nach Ruanda bringen könnten. D.J.
Tagesthema Seite 3
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