piwik no script img

■ ... wird Aktiengesellschaft. Ex-Maoistenblatt gehört zum Besten, was Norwegens Presse heute zu bieten hat

Oslo – Heute hält der Klassenkampf Einzug in Oslos Börse. Eine Zeitung, zu deren AbonenntInnen zu gehören einst die automatische Aufnahme in die Kartei des Verfassungsschutzes bedeutete, wird Aktiengesellschaft. 2.000 Aktien im Nennwert von je 2,50 Kronen werden für den Einführungskurs von 1.000 Kronen verkauft, um der linken Tageszeitung Klassenkampen eine Kapitalspritze von rund 550.000 Mark einzubringen.

1967 war Klassenkampen als Hausorgan der norwegischen maoistischen KP-ml gegründet worden. Alles war furchtbar konspirativ, die Adresse der Redaktion war geheim und blieb es bis 1980. Aus dem Parteiblättchen entwickelte sich in den achtziger Jahren eine linke Tageszeitung, die sich heute zum Besten rechnen kann, was die verschlafene norwegische Presselandschaft zu bieten hat. Daß die Zeitung noch bis vor wenigen Monaten mit der Unterzeile „Proletarier aller Länder, vereinigt euch“, erschienen war, störte in Norwegen niemanden mehr.

Die Zeitung wird von ehemaligen Kämpfern frühmorgens in den Firmenetagen als erstes durchgeblättert, vor allem weil das Blatt als einziges regelmäßig Neuigkeiten verspricht. Die einstigen „maoistischen Maulwürfe“ haben bei ihrem Weg durch die Institutionen nämlich die alte Parteizeitung nicht vergessen, die sie stetig mit Insiderwissen versorgt, dem Futter für Skandale und Enthüllungen.

Das ist natürlich keine Garantie für eine gesicherte wirtschaftliche Existenz. Die tägliche Auflage pendelt stabil um die 10.000 Exemplare, am Wochenende sind es 40 bis 50 Prozent mehr. Das Kapital aus der Aktienausgabe soll dazu verwendet werden, das Blatt noch besser zu machen. Nicht nur, weil sich „Klassenkampf“ so gut auf der täglichen Börsenliste macht. Reinhard Wolff

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen