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Beleidigung aus Ankara

■ Türkischer Staatsminister wird wegen frauenfeindlicher Äußerungen verklagt

Bonn (taz) – Die bündnisgrüne Europaabgeordnete Claudia Roth will gegen den türkischen Staatsminister Ayvaz Gökdemir in der Türkei auf Unterlassung und Schmerzensgeld klagen. Gökdemir hatte Roth und andere Europaparlamentarierinnen während einer Delegationsreise als „Prostituierte“ bezeichnet und dies türkischen Zeitungsberichten zufolge später wiederholt. Roth betrachtet dies nicht nur als persönliche Beleidigung, sondern auch als generellen Angriff auf die Würde der Frau. Gökdemir habe seine Äußerung „weder zurückgenommen, noch sich entschuldigt“.

Roth wie auch der Vorsitzende des Internationalen Vereins für Menschenrechte in Kurdistan, Sertac Bucak, sind skeptisch, was den Demokratisierungsprozeß in der Türkei angeht. „Bei der jüngsten Verfassungsreform sind entscheidende Artikel nicht verändert worden“, kritisierte Bucak. Auch die Abschaffung des Antiterrorartikels werde in der geplanten Form nicht zu mehr Demokratie und Wahrung der Menschenrechte führen, fürchtet Bucak.

Die aufsehenerregende Studie des Türkischen Handels- und Börsenverbandes (TOBB), in der die Lebenssituation in den kurdischen Gebieten der Türkei beschrieben wird, und der Friedensaufruf zahlreicher Vertreter aus Politik, Wirtschaft und von Intellektuellen für eine politische Lösung der Kurdenfrage werden nach Meinung von Roth und Bucak die türkische Regierung nicht zu einer Änderung ihrer Kurdenpolitik bewegen können. „Das alles ist begrüßenswert, weil es die Diskussion vorangetrieben hat“, sagte Bucak, aber die sehr einflußreiche Armee ist nach wie vor unnachgiebig. Außerdem werde der TOBB-Bericht zur Zeit vom Staatssicherheitsgericht überprüft. Roth und Bucak befürchten, daß nun die Autoren verhaftet werden. Roth kündigte weiter an, als erste Europaabgeordnete ein Regionalbüro in Instanbul zu eröffnen. Karin Nink

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