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Flügelkämpfe befürchtet

■ Grüner Bundestagsabgeordneter warnt vor parteiinternem Grabenkampf

Bonn (taz) – Nach der öffentlichen Diskussion um das Grundsatzpapier des bündnisgrünen Fraktionssprechers Joschka Fischer zum Krieg im ehemaligen Jugoslawien macht sich in der Bundestagsfraktion die Sorge breit, die Auseinandersetzung könnte zu altbekannten Flügelkämpfen führen. In einem Brief an seine FraktionskollegInnen warnt der Bundestagsabgeordnete Winfried Nachtwei vor einem „Rückfall in die Streitkultur der 80er Jahre“.

„Neben sehr ernsthaften Repliken“ auf Fischers Papier gebe es aus „den Reihen der verbliebenen Friedensbewegung, der Partei, ja sogar des Fraktionsvorstandes solche“, die Fischer ausschließlich „machttaktische und programmrevisionistische Motive“ unterstellt hätten, kritisiert Nachtwei. Wer so mit „Pauschalisierungen, Unterstellungen und Dämonisierungen“ arbeite, betreibe „Gegnerkampf, aber keine Sachauseinandersetzung“. Vielen schienen nur die eigenen Prinzpien und die Partei, „nicht aber die Schwächsten in diesem Krieg zu interessieren“, klagt der Friedenspolitiker.

Nachtwei ist zwar der Meinung, daß Fischers Veröffentlichung „aus der Sicht der fraktionsinternen Meinungsfindung“ zu einem ungünstigen Zeitpunkt erfolgt sei, angesichts der zugespitzten Lage in dem Kriegsgebiet sei dieser Zeitpunkt aber „angemessen“ gewesen. Der Bundestagsabgeordnete zählt ausdrücklich Jürgen Trittin und das Komitee für Grundrechte und Demokratie zu denen, die sich sachlich mit Fischers Forderung nach einer militärischen Verteidigung der UN-Schutzzonen auseinandergesetzt hätten. Jene, denen er „Gegnerbekämpfung“ vorwirft, nennt er nicht beim Namen. Nachtwei fordert die Rückkehr zu einer Debatte „ohne Schützengräben“. Nur so gäbe es die Möglichkeit, den Einsatz für Menschenrechte und die Solidarität mit den Opfern mit der Forderung nach Gewaltfreiheit in Einklang zu bringen. Karin Nink

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