Preisskat auf Fraktionskosten

■ Rechnungsprüfungsamt rügt Bremerhavener Stadtverordnete aller Parteien

„Ein Abendessen mit Damen“, „Tennisturniere“, „Herrenabende“, „Eintrittskarten fürs Kabarett“ – beim Griff in die aus Steuergeldern gespeiste Fraktionskasse haben die Bremerhavener Stadtverordneten offenbar keine Hemmungen. Das geht aus einem vertraulichen Bericht des Rechnungsprüfungsamtes hervor.

Besonders gern und häufig bedient sich die rechtsextreme DVU aus der Fraktionskasse. Für 1.350,81 Mark kauften die Abgeordneten im Supermarkt Spirituosen, Kaffee, Gemüse und belegte Platten. „Es ist zu vermuten, daß ein Teil für Selbstbewirtung war“, folgern die Prüfer. Insgesamt 1.751,01 Mark gaben die DVU'ler für ihr eigenes Wohl aus – bei fünf Anlässen. Eigenbewirtung ist Privatsache, kritisieren die Gutachter.

Den größten Batzen Geld gaben die Rechten allerdings für Öffentlichkeitsarbeit aus: Von den 75.000 Mark, die sie aus der Stadtkasse erhielten, gingen 27.401 Mark für Parteipropaganda drauf. Allein für die Verteilung von Werbezeitungen, die von der Münchener Parteizentrale geliefert wurden, gab die DVU 11.904,84 Mark aus. Die Finanzierung von Parteipropaganda ist unzulässig, betonten die PrüferInnen.

Auch der CDU fiel es schwer, den Trennstrich zwischen Partei und Fraktion zu ziehen. Die Christdemokraten setzten jedoch weniger auf Handzettel und Zeitungen, denn auf Geselligkeit: Die Abgeordneten erhielten ihre Auslagen für ein Tennisturnier und für einen Herrenabend aus der Fraktionskasse. Außerdem machte die Fraktion 400 Mark für zwei Preisskat-Abende locker. 600 Mark ließen die Christdemokraten für das Holzhafenfest springen. „Da eine inhaltliche Aussage über die Arbeit der Fratkion nicht vorliegt, wurde auch hier Sympathiewerbung für die Partei finanziert“, bemängeln die GutachterInnen.

Besonders teuer wurde eine Reise der CDU-Fraktion nach Berlin. 10.116,05 Mark kostete die Fahrt, inklusive Hotel, Gastgeschenken, Eintrittskarten fürs Kabarett und eine Bootsausstellung sowie 40 Mark Kreditkartengebühr. Auch eine Brieftasche und eine Geldbörse, die der Kassenwart eigens für die Tour angeschafft hatte, gingen auf Rechnung der Fraktionskasse. Weitere Reisen führten die CDU-Fraktionsmitglieder nach Hannover und Stettin. Ein Fraktionsmitglied fuhr insgesamt fünf Mal nach Stettin. Kosten: knapp 1.800 Mark. Einen „Zusammenhang dieser Reisen mit den Aufgaben der Fraktion“ war für die Prüfer „nicht erkennbar“.

Doch auch gegenüber Dritten zeigte sich die CDU besonders großzügig. 10.523 Mark verschenkten und verfütterten die Christdemokraten im wahrsten Sinne des Wortes – mehr als alle anderen Fraktionen. Das sollten sich die Abgeordneten in Zukunft nur noch „für besonderer Anlässe“ vorbehalten, mahnen die PrüferInnen.

Statt auf Geschenke setzte die SPD aufs Personal. Insgesamt 140.027 Mark berappte die Fraktion für ihre Angestellten. Auch das war den PrüferInnen zu viel. Im Vergleich: Die CDU machte 41.106 Mark locker, die DVU 1.475 Mark. Die Grünen zahlten 33.004 Mark an Personalkosten und die FDP 29.205 Mark.

Bei den Grünen und den Liberalen hatten die Rechnungsprüfer am wenigsten zu bemängeln. Die Abgeordneten der FDP ließen sich allerdings ein „Abendessen mit Damen“ 874 Mark kosten. Ein „Advendskaffee“ schlug mit 712,30 Mark zu buche. Kein „Zusammenhang mit der Fraktionsarbeit“ lautet hier das Urteil der Prüfer. Das gilt auch für den Nachruf für die verstorbenen Bundestagsabgeordneten Petra Kelly und Günter Bastian, den die Grünen aus ihrer Fraktionskasse finanziert hatten. Außerdem mißfiel den Prüfern, daß der Babysitter eines inzwischen ausgeschiedenen Fraktionsmitglieds aus der Fraktionskasse bezahlt wurde. „Jede Zahlung zur Aufwandsentschädigung ist unzulässig.“

Obwohl die PrüferInnen in ihrem Gutachten „teils eindeutige Rückforderungsansprüche“ nachgewiesen haben, müssen die Fraktionen aller Voraussicht nach keinen Pfenning zurückzahlen. Denn, so heißt es im Schlußwort des Prüfberichts: „Ob die zur Zeit bestehenden Rechtsgrundlagen ausreichen, ist fraglich.“ Übrigens: Die PrüferInnen wollten sich gegenüber der taz nicht zu ihrem Bericht äußern. „Das geht die Öffentlichkeit nämlich überhaupt nichts an“, betonte die stellvertretende Amtsleiterin Diekhoff. kes