Keusches Leben

■ Kleinod aus dem Opern-Repertoire: „Dido und Aeneas“ im Goethe-Theater

Dido und Aeneas, die Königin aus Karthago und der Held aus Troja. Die ungleich und unglücklich Liebenden sind Gestalten der Weltliteratur. Eine der ersten Quellen ist Vergils Aeneis, auf die sich auch der Textdichter der ersten englischen Oper bezieht. Henry Purcell schrieb seine kleine Oper 1689 für die Aufführung in einem Mädchenpensionat in Chelsea. Sie wurde bald eine Kostbarkeit für jeden Spielplan – und ist es bis heute geblieben. Die Geschichte der von Aeneas verlassenen Dido wurde von Purcell mit pädagogischem Impetus geschrieben: Die Schülerinnen sollten von den Malaisen der Liebe gewarnt und von den Vorteilen eines keuschen Lebens überzeugt werden. Ob die gewünschte Wirkung eingetretem ist, darüber gibt es keine Quellen. Der Librettist Nahum Tate hat die mythologische Geschichte profanisiert: Nicht göttlicher Auftrag bestimmt die Trennung der beiden Liebenden, sondern die betrügerischen Machenschaften eines Kollektivs neidvoller Hexen. Didos Tod ist eines der berühmtesten Lamentos der Musikgeschichte geworden und, nicht nur dadurch, die Partie des Dido eine dankbar gespielte Rolle. Im Rahmen des Musikfestes bietet das „Opera Atelier“ (Toronto) in Zusammenarbeit mit den „Musiciens du Louvre“ unter Leitung von Marc Minkowski eine Aufführung des selten gespielten Werkes im Goethe-Theater. Beide Gruppen sind spezialisiert auf die Theaterformen und Musizierpraxis des 17. und 18. Jahrhunderts; die Vielfalt und Tiefe des Ausdrucks von Purcells Musik, die weit über den fiktionalen Anlaß hinausgeht, werden sicher zu hören sein.

Ute Schalz-Laurenze

Henry Purcell: Dido und Aeneas. Aufführung des „Opera Atelier“, Toronto, und der „Musiciens du Louvre“. Donnerstag, 20.30 Uhr, Goethe-Theater.