: Ein Maulwurfsbau unter dem Bundestag
■ Unterirdisches Straßennetz im Parlamentsviertel geplant. Anlieferzentrale könnte Verkehr am Reichstag lahmlegen
Unter dem Regierungsviertel im Spreebogen soll ein Tunnelsystem entstehen, das einem Maulwurfsbau mit seinen zahlreichen Röhren in nichts nachsteht. Für Posttransporte, tonnenschwere Aktenladungen oder Gemüsefuhren zur Bundestagskantine sind zwischen der Kronprinzenbrücke und dem Brandenburger Tor unterirdische Erschließungsstraßen und Ladeplätze geplant. Die Kapazität des Tunnelnetzes soll 9.000 Lieferverkehre pro Tag betragen, die durch eine zentrale Ein- und Ausfahrt geschleust werden sollen. Daß es dort und in den Nebenstraßen zum Stau kommt, gilt als wahrscheinlich. Die Pläne wurden am Mittwoch auf der Sitzung der Baukommission des Bundestages vorgestellt.
Außer dem Lieferverkehr könnte auch der gesamte Pkw- Verkehr durch die einzige Zufahrt in die über 1.500 Pkw-Tiefgaragenplätze unter dem Alsen- und Dorotheenblock einfahren, so die Pläne der Bundesbaugesellschaft Berlin. „In der Überlegung wird von einer Einfahrt an der Luisenstraße ausgegangen“, sagte Claudia Lemhoefer, Sprecherin der Bundesbaugesellschaft. Die Strecke gehe dann unter dem Alsenblock hindurch, unterquere die Spree und führe entlang dem Reichstagsufer bis zum südlichen Dorotheenblock. Die unterirdische Verteilung beziehe die Südallee und wahrscheinlich den Reichstag mit ein. Die Tunnel dienten der „Aufrechterhaltung des Parlamentsbetriebs“, so Lemhoefer.
Die zentrale Erschließung mit Sicherheitshäuschen zwischen Luisenstraße und Nordallee bedeutet nach Ansicht der Berliner Bundestagsabgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig (Bündnis 90/Die Grünen) eine „totale Fehlplanung“. Weder seien die Überlegungen mit der Verkehrsverwaltung abgestimmt, noch öffentlich debattiert worden. Das größte Ärgernis bilde die zentrale Einfahrt, an der sich die Lkw- und Pkw-Verkehre stauen und die benachbarten Straßen verstopfen würden. Wenn alles, „selbst der Zucker für den Kaffee“, über den einen Zufahrtsweg angeliefert würde, so Eichstädt-Bohlig, „entstehen dort regelrechte Güterverteilzentren“. Zugleich sei es unnötig, daß die Transportwege bis unter die Aufzüge führten. Eichstädt-Bohlig plädierte in der Baukommission für eine Änderung der Planungen. Die Bauexpertin befürwortet statt der Megaeinfahrt und der Verkehrskatakomben eine dezentrale Erschließung des Regierungsviertels. Für die Baukommission schlägt sie ein Konzept zur oberidischen Anlieferung und Abfahrt vor. Rolf Lautenschläger
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