: Unterm Strich
Gerade hat sich Annemarie Schimmel, die prädestinierte Trägerin des Friedenspreises des deutschen Buchhandels, dazu entschlossen, angesichts der gegen sie erhobenen Anschuldigungen „keinen Kommentar“ abzugeben, da ist ihr No Comment schon wieder gefragt. Nach dem Appell eines Kreises „namhafter Autoren“ von Günter Grass bis Peter Zadek gegen die Vergabe des Preises an Schimmel hat jetzt nämlich auch der „Autorenkreis der Bundesrepublik“ eine Protestnote eingelegt, und die wurde sogar von Autoren von B bis Z (konkreter gesagt: von Broder bis Prof. Dr. Hans Dieter Zimmermann, dazwischen auch Delius, Hilsenrath, Klier, Kolbe, Rathenow, Schneider [Peter] und Soldat) unterschrieben. „Viele Personen und Institutionen haben in den vergangenen Monaten und Wochen darauf hingewisen, daß Annemarie Schimmel trotz mehrfacher Aufforderung nicht eindeutig Stellung zu dem menschenrechtswidrigen Todesurteil ismamischer Fundamentalisten gegen Salman Rushdie bezogen hat“, heißt es in dem Papier. „Ungeachtet ihrer Verdienste läßt sie dies als ungeeignet erscheinen, einen so traditionsreichen Preis, der ja einmal auch Vaclav Havel zuerkannt wurde, entgegenzunehmen.“ Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der seit 1950 verantwortlich für die Verleihung des Preises ist, wies auch in diesem Fall die Kritik an Annemarie Schimmel zurück. Mit all diesen Papieren sei „keine neue Lage“
eingetreten, weil die vorgetragenen Argumente einfach nicht stimmten. Schimmel habe „zu keinem Zeitpunkt“ Verständnis für die Fatwa geäußert.
Erfreulicher ist es da doch schon, daß der deutsch-polnische Poetendampfer auf der Oder auf Fahrt gehen wird (und das stabreimt sich ja sogar!). Mindestens 100, möglicherweise gar etwas mehr, polnische und deutsche Autoren werden ab Mitte September auf der Oder von Frankfurt (eben jenem an jenem Flusse) völkerverständigend und repräsentativ nach Sczcecin/Stettin hinüberdampfen, mit dabei wahrscheinlich die, die gerade nicht allzusehr mit Unterschreiben beschäftigt waren, so z.B. Volker Braun, Jacek Bochenski, Jerzy Pachlowski, auch, you name him, Stefan Heym. Doch das ist noch längst nicht alles: Während der Fahrt soll es auf beiden Seiten des Grenzflusses zu Lesungen und Streitgesprächen kommen. Die schöne Sache kam auf eine Anregung des VS-Vorsitzenden Erich Loest zustande, gefördert wird mit Mitteln der Europäischen Union.
In die Schlagzeilen geraten ist der österreichische Kabarettist Werner Schneyder, weshalb dpa ihm gleich mal die Priorität 3 verpaßt hat (gleichauf mit Schimmel, einen Platz vor Poetendampfer, „Spektakulärer Schloßeinbruch bei Nürnberg vor Aufklärung“, „Brecht- Fragment ,David‘ wird in Berlin uraufgeführt“ und ähnlichen Petitessen). Schneyder hat nun also Meldungen widersprochen, er habe in seinem Heimatland Österreich in den letzten Jahren vergeblich auf einen Durchbruch wie in Deutschland gewartet. „Ich habe mich immer als deutscher Kabarettist begriffen und mich in Wien nie um Publikumsinteresse bemüht“, sagte er der österreichischen Zeitschrift News. Womit diese Sache wohl ein für allemal geklärt wäre, ein Schlußstrich erreicht und nie wieder davon zu reden sein wird (Juchhuu ...).
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