: Uni soll Buchheims Ehrendoktor überprüfen
■ Aufgetaucht: des U-„Boot“-Autors verschollenes Propagandabuch von 1943
Die „abscheuliche, kriegsverherrlichende Propagandaschrift“ unter dem Titel „Jäger im Weltmeer“ habe Lothar-Günther Buchheim 1943 „ohne Not“ veröffentlicht. Deshalb müsse die Universität Duisburg den Ehrendoktortitel überprüfen, den sie dem Autor von „Das Boot“ 1985 verliehen hatte. In einem Brief an den Uni-Senat erhebt diese Forderung der Schriftsteller Gerhard Köpf, Professor für Gegenwartsliteratur an der Duisburger Universität und Mitglied der Internationalen SchriftstellerInnen-Vereinigung P.E.N.
Die Uni teilte in einer Presseerklärung mit, daß eine Aberkennung der Ehrendoktorwürde aus rechtlichen Gründen nicht möglich sei, sie aber „die kritische Sicht von Prof. Köpf gegenüber Buchheim“ teile. Sie tat dies, ohne „Jäger im Weltmeer“ zu kennen. Über Fernleihe will die Uni sich das Buch nun besorgen. Hintergrund der Duisburger Auseinandersetzung ist Buchheims jüngster Roman „Die Festung“, im Frühjahr 1995 erschienen und als Roman zum 50. Jahrestag des Kriegsendes gefeiert. Darin schreibt er, er habe zwar „Jäger im Weltmeer“ 1943 im Suhrkamp-Verlag veröffentlichen wollen, die gesamte Auflage sei jedoch in der Druckerei ausgebombt worden und deshalb nie erschienen. Aber – o Schreck – das Buch existiert doch: in der Uni-Bibliothek Heidelberg, in der Militärbibliothek Dresden – und auch in privaten Bücherregalen.
„Jäger im Weltmeer“ schildert den U-Boot-Alltag, sowohl im Text- als auch im Bildteil. Allerdings zeigt das Buch nicht die Qual des U-Boot-Kriegs. Statt dessen begegnen den LeserInnen lächelnde Matrosengesichter. Und wie lautet eine Bildunterschrift? „Jubel, Trubel, Heiterkeit – das große Schlagwort im Bugraum. Wenn es auch eng ist wie in einer Höhle, wenn es auch mal nach Schweiß, nassem Zeug und Billigwaser stinkt, auf den Bodenbrettern (...) hockt man gut im Schneidersitz und läßt sich die gute Laune nicht verderben.“ Und das Vorwort von Großadmiral Dönitz, Oberbefehlshaber der Kriegsmarine und designierter Hitlernachfolger, spricht auch deutlich aus, warum das Buch 1943 veröffentlicht wurde.
Es „erfüllt aufs glücklichste den Wunsch nach einer dokumentarischen Darstellung, die unseren Kameraden von den U-Boot-Waffen ein Erinnerungswerk, den Soldaten an den anderen Fronten und den Menschen daheim ein gültiges Zeugnis von unserem Leben, unserer Arbeit und unserer kämpferischen Leistung sein kann“. Ulf Preuß
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