: Libysche Islamisten gejagt
■ Diplomaten bestätigen Festnahmen / Gaddafi läßt Palästinenser ausweisen
Kairo/Beirut (AP/wps/rtr) – In Libyen findet derzeit anscheinend eine Verhaftungswelle statt. Diplomaten meldeten gestern telefonisch aus dem Land, zahlreiche Menschen würden in Bengasi festgenommen. In der Hafenstadt soll es in der vergangenen Woche zu schweren Unruhen gekommen sein. Muhammad Dschibril, Sprecher der Nationalen Front für die Rettung Libyens mit Sitz in Kairo, erklärte, in fünf libyschen Städten seien rund 3.500 Menschen inhaftiert worden. Bei ihnen handele es sich mehrheitlich um mutmaßliche Islamisten. Er sagte weiter, die Unruhen in Bengasi hätten begonnen, als Sicherheitskräfte versucht hätten, mehrere islamische Aktivisten festzunehmen. In diplomatischen Kreisen hieß es, bei den Unruhen seien mindestens 30 Menschen getötet worden. Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi erklärte am Samstag, seine Regierung werde jeden umbringen, der das Land verrate. Ab sofort werde „kein Verräter, kein Spion, kein Agent, kein Feigling“ mehr in der Bevölkerung geduldet. Diese Menschen würden „physisch liqudiert“.
Unterdessen wurden Hunderte PalästinenserInnen des Landes verwiesen. Ägyptische Grenzsoldaten berichteten am Wochenende, etwa 500 PalästinenserInnen seien mit Bussen an die libysch- ägyptische Grenze gebracht worden. Nach Angaben von palästinensischen Diplomaten, will die libysche Führung damit gegen das israelisch-palästinensische Friedensabkommen protestieren. „Gaddafi will, daß sie nach Gaza gehen“, erklärte der palästinensische Konsul in Kairo. Doch dazu bräuchten die Ausgewiesenen eine Genehmigung der Israelis. Am Freitag hatte die Regierung Libanons die Schiffsverbindung nach Libyen unterbrochen, nachdem zuvor 350 aus Libyen ausgewiesene PalästinenserInnen auf dem Seeweg nach Beirut gekommen waren. Palästinensische Diplomaten fürchten, die libysche Führung könnte alle PalästinenserInnen des Landes verweisen. Ihre Zahl wird auf 25.000 bis 30.000 geschätzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen