: PDS bald sittenlos?
■ Ein Diebstahl der Fraktionschefin bringt Magdeburger PDS-Parteitag in Unordnung
Magdeburg (AFP/dpa/taz)
Weil sie eine Cremetube im Wert von zehn Mark geklaut hat, geht die PDS-Fraktionschefin im Landtag Sachsen-Anhalts, Petra Sitte, in Sack und Asche. Sie sei bereit, wegen dieser Angelegenheit zurückzutreten und werde in der kommenden Woche in der Fraktion die Vertrauensfrage stellen, erklärte Sitte vor dem PDS-Landesparteitags am Samstag. Fraktion und Parteivorstand müßten einschätzen, inwieweit sie nach den Diebstahlsvorwürfen persönlich und politisch noch tragbar sei, erklärte die verdiente Enteignerin zerknirscht.
Die Politikerin hatte zugegeben, in einer Magdeburger Drogeriefiliale die Cremetube eingesteckt, jedoch nicht vorsätzlich gehandelt zu haben. Sie habe ihre Schuld zugegeben, um den „persönlichen und vor allem politischen Schaden zu begrenzen“. Die Staatsanwaltschaft wollte Ermittlungen wegen Diebstahls geringwertiger Sachen gegen Petra Sitte einleiten.
Zu tumultartigen Szenen kam es gestern auf dem PDS-Parteitag – nicht wegen Sitte, sondern der Stasi. Bei der Kandidatenvorstellung zur Wahl von Mitgliedern der Finanzrevisionskommission erklärte ein Delegierter, früher als Leiter der Stasi-Außenstelle in Eilsleben für das MfS gearbeitet zu haben. Auf die Frage nach der heutigen Beurteilung seiner Arbeit meinte der frühere Stasi-Offizier: „Ich bereue keine Minute meines Lebens.“ Die Reaktion im Sitzungssaal in Magdeburg waren Beifall und lautstarker Unmut. Der PDS-Landtagsabgeordnete Volker Lüderitz erklärte, daß er zu DDR-Zeiten wegen einer „Schrift über antiimperialistische Gegner“ vier Wochen in einem Stasi-Gefängnis inhaftiert war, eine Woche nackt in einer kalten Zelle. Lüderitz, der seit 1990 dem Landtag angehört, gab sich erstmalig als Stasi- Opfer zu erkennen. „Ich bin heute schockiert“, meinte der Umwelt- Professor.
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