: Was tun gegen nasse Beine?
■ Es gibt nur schlechte Kleidung: RadlerInnen im Herbst
Reiner Rehbein verläßt morgens das Haus. Auf den Drahtesel geschwungen und ab zur Arbeit. Doch wie so oft ist das Problem, daß gerade wenn Rehbein in die Pedalen tritt, es wieder einmal wie aus Eimern gießt. Darum die Frage: Was tun in dieser Jahreszeit, in der es ständig schüttet? Wenn der ÖKo-Idealismus es nicht zuläßt mit dem Auto zur Arbeit zu fahren oder an andere Orte zu gelangen?
Nach wie vor gibt es da ganze vier Arten von Regenkleidung, die in Frage kommen könnten: Die mit Membranen, mit Beschichtungen, Mikrofasern oder ganz einfach gewachste Baumwolle. Rehbein ist Mitglied im ADFC und schwört auf Gore-Tex gefertigt mit Membranen. Sie sind zwischen Oberstoff und Futterstoff eingearbeitet. Die Membran läßt Feuchtigkeit hinein, aber nicht hinaus. Nach den Schlagworten der Werbung sind Jacke wie Hose wasserdicht, winddicht und atmungsaktiv.
Von diesen drei Eigenschaften ist die letzte problematisch. Hat es Rehbein eilig zur Arbeit, wird sein Körper etwas mehr in Wallungen kommen. Große Mengen Schweiß läßt die Membrane nicht durch, die Eigenschaft des Friesennerzes taucht wieder auf, bei dem der Schweiß am Körper kleben blieb.
Damit die Atmung überhaupt bei leichter Körpertätigkeit funktioniert, müssen die Klamotten bis zur Unterhose stimmen. Soll heißen: Das Unterhöschen darf den Schweiß nicht aufsaugen, es muß die Körperflüssigkeit weitergeben zur nächsten Kleidungsschicht. Also sind Kunstfaser, Wolle oder Seide die passenden Materialien.
Die Atmung funktioniert parallel zum Preis. Das spürt Rehbein täglich auf der Arbeit. Dort trägt er eine Sympatexjacke, die nur die Hälfte seiner heimischen Goretex kostet, nämlich 250 Mark. In der gelangt weitaus weniger seines Schweißes nach außen. Mit Jacken und Hosen, die beschichtet oder aus Mikrofasern hergestellt sind verhält es sich mit den Eigenschaften ähnlich. Nur die Herstellungsverfahren sind anders. Mikrofasern allerdings sind besonders dünne Chemiefasern die etwas mehr Schweiß nach außen dringen lassen, sind aber nicht ganz so wasserdicht .
Im Normalfall hält die Kleidung nur fünf Jahre. Dann ist es schlecht bestellt mit der Entsorgung, wenn keine Rücknahmegarantie des Herstellers besteht. Denn egal ob Membran, Beschichtung oder Mikrofaser mit der Umweltfreundlichkeit ist es nicht weit her. Die Produkte werden allesamt auf Erdölbasis hergestellt.
Eine unökologische Jacke zu tragen, legitiemiert Rehbein damit, daß er kein Auto fährt. Wer aber konsequent ökologisch sein will, sollte auf die gewachsten Baumwolljacken zurückgreifen. Intensive Pflege ist bei denen aber von Nöten. Beim Waschen kann sich die Wachsschicht komplett lösen. Atmen kann die Jacke auch nicht, der Schweiß bleibt am Körper.
Sowohl Rehbein, im Namen des ADFC, als auch der Alpenverein sind jedoch der Meinung, daß nur wer sich lange draußen aufhält die teure Regenkleidung braucht. ab
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