■ Cash & Crash
: Anleger wollen die Waigel-Mark

Berlin (taz) – Wenn den Anlegern in den Devisenbörsen der Parkettboden zu heiß wird, versuchen sie sich meistens mit Altbewährtem zu retten: mit D-Mark, Schweizer Franken und immer wieder, wenn auch diesmal erst nach einigem Zögern, mit US- Dollar. Die Erhitzung hatte vergangene Woche Theo Waigel mit seiner Äußerung bewirkt, daß die Italiener noch längst nicht reif seien, an der Europäischen Währungsunion teilzunehmen und bis 1999 auch nicht reif würden.

Es stimmt ja auch. Italien und übrigens auch Belgien und ein paar andere EU-Staaten sind weit entfernt davon, die Maastricht- Kriterien für die Währungsunion zu erfüllen. Weder Staatsverschuldung noch Haushaltsdefizit, weder Währungsstabilität noch Inflation bewegen sich in den vorgeschriebenen Grenzen. Da hatte Waigel nun wahrlich keine Geheimnisse ausgeplaudert.

Aber diejenigen, die sich durch die derzeit für italienische Staatspapiere gebotene Rendite von 11,5 Prozent zu einer Geldanlage in Lire hatten verlocken lassen, waren auf der Hut. Bei jeder kleinsten kritischen Äußerung – wie der Waigelschen – gehen solche Anleger stiften, um Währungsverlusten zu entgehen.

Das kann der Bundesregierung, die den vereinbarten Termin 1999 für das Zustandekommen der Währungsunion offenkundig eh in den Wind schreibt, egal sein. Weniger gleichgültig ist den deutschen Währungspolitikern jedoch die Aufwertung der eigenen Währung aufgrund der kräftigen Nachfrage nach der starken Waigel-Mark. Vor allem daß die Mark gegenüber dem Dollar immer teurer wird, kann den deutschen Exporteuren nicht recht sein.

Folglich versuchte die Bundesbank – in Person von Zentralbankratsmitglied Olaf Sievert – den Schaden kleinzureden: „Es ist ja nicht der Wunsch der Bundesbank, daß der Dollar schwächer wird und die Mark weiter aufwertet“, sandte er als Signal an die Börsen. Dort reagierten die Anleger wie gewünscht: Sie kauften Dollar. Dessen Kurs erholte sich wieder auf 1,4387 Mark. Gegenüber der japanischen Währung packte es der Dollar inzwischen sogar wieder auf einen Kurs von über 100 Yen.

Ansonsten haben sich die Nerven der Anleger etwas beruhigt, die ersten kaufen schon wieder Lire. Die meisten warten ab, denn der Strom von Politikerstatements über die Probleme der künftigen Währungsunion reißt nicht ab. Vor allem Theo Waigel läßt keinen Tag vergehen, an dem er nicht vor einer Verwässerung der Stabilitätskriterien von Maastricht warnt. lieb