: Das Kreuz bleibt hängen
■ Ein Vater klagt gegen, andere Eltern sammeln Unterschriften für das Kruzifix
Rosenheim (taz) – In der Gemeinde Bruckmühl im Landkreis Rosenheim ist ein Elternstreit ums Schul-Kruzifx entbrannt. Der Vater eines Erstklässlers hat Verwaltungsklage gegen das Kruzifix in der Grundschule des 15.000-Einwohner-Marktes erhoben. Doch in der Klasse 1c sollen dem Willen der anderen 25 Eltern zufolge die Kreuze hängen bleiben. In einer Unterschriftensammlung machten sie deutlich, daß „die Entfernung der Kreuze der christlichen Erziehung unserer Kinder im Elternhaus entgegenwirken würde“. Außerdem könnten die Kinder in ihrem „unbeschwerten Glauben an Gott“ verunsichert werden.
Der Rektor der Grund- und Teilhauptschule I von Bruckmühl, Knut Nagel, hat die Unterschriftenliste über das Staatliche Schulamt Rosenheim an die Regierung von Oberbayern weitergeben lassen. Die Antwort kam postwendend: Es hat alles so zu bleiben wie gehabt. Das Kruzifix wird, zumindest bis zum Entscheid des Verwaltungsgerichts, nicht abgehängt. Sehr zur Freude der Klassenleiterin Theresia Kuhn. Sie und der Rektor stehen auf der Seite der Kruzifixbefürworter, die ausdrücklich auch auf anderes kirchliches Brauchtum bestehen. Kirchweih und Nikolausfeier müssen erhalten bleiben, fordern die Erziehungsberechtigten.
Jetzt soll in Bruckmühl eine Elternbefragung in allen anderen Klassen der Schule durchgeführt werden. Elternbeiratsvorsitzende Sabine Lütgemeier meint, man dürfe den Rektor in dieser schwierigen Situation nicht alleine lassen. In der Tat findet auch der Bruckmühler Rektor, solche Entscheidungen dürften nicht einfach auf die Ebene der Schulleiter verlagert werden. „Es sieht im Moment so aus, als würde genau dies geschehen.“
Edmund Stoibers Kruzifix-Gesetz ist derzeit massiv unter Beschuß. Es könne nicht angehen, daß man nach dem Verfassungsgerichtsurteil von den Schülern „ernsthafte und gewichtige Gründe“ fordere, wenn sie gegen Kreuze im Klassenzimmer seien, wird vielfach bemängelt. Der einstige Verfassungsrichter Helmut Simon meint, nach geltendem Recht sei niemand verpflichtet, seine religiöse oder weltanschauliche Einstellung offenzulegen. Und der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) kritisiert, mit der Neuregelung werde der Schwarze Peter an die Schulleiter weitergegeben. Im Sekretariat der Grundschule von Bruckmühl wird nun eine Woche lang eine Pro- und-Contra-Liste ausgelegt, in der sich alle Eltern eintragen können. Nach Ende der Elternbefragung soll die Liste erneut an die Regierung und das Schulamt weitergeleitet werden. Klaus Wittmann
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