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Medien hätscheln verboten

Verwaltungsgericht: Sponsoring von Medien ist rechtswidrig. Ministerpräsidenten bezahlen ausgesuchten Journalisten Flüge und Hotelunterkünfte  ■ Von Dirk Wildt

Berlin (taz) – Ministerpräsidenten nehmen mehr Einfluß auf Zeitungen, Hörfunk und Fernsehen, als sie dürfen. Um Schlagzeilen zu machen, nehmen sie bei ihren Auslandsreisen Journalisten nicht nur mit, sondern zahlen ihnen auch Flug- und Hotelkosten oder besorgen dafür Sponsoren. Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) hat es jetzt nun schriftlich vom Berliner Verwaltungsgericht, daß er gegen Recht und Verfassung verstößt.

Diepgen hatte im April dieses Jahres eine Pandabärin aus Peking abgeholt und zuvor von seinem Sprecher 15 Journalisten aussuchen lassen, denen die Senatskanzlei als auch die Lufthansa die Flug- und Hotelkosten erstattete. Die taz hatte gegen die staatliche Finanzierung und das Sponsoring geklagt und berief sich auf ein Urteil des Berliner Oberverwaltungsgerichts von 1975. Danach ist es verboten, „die Presse ganz oder teilweise von Staats wegen zu steuern und so das Bild einer freien Presse substantiell zu ändern“. Diepgen stellte darauf die staatliche Finazierung von Journalistenreisen vorläufig ab.

Das Berliner Verwaltungsgericht entschied nun Ende September, daß die Senatskanzlei die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, weil die taz mit ihrer Klage voraussichtlich Erfolg gehabt hätte. Denn die Finanzierung von Reisekosten „stellt eine unmittelbare Subventionierung der betreffenden Presseorgane dar“ und sei damit rechtswidrig, stellt das Gericht fest.

Es fehle nämlich eine gesetzliche Grundlage für die staatliche Unterstützung. Darüber hinaus erscheine die staatliche Finanzierung von Reisekosten „schon deswegen verfassungswidrig“, weil nicht ersichtlich sei, wie der Anspruch auf Gleichbehandlung gewahrt werden kann, schreibt das Gericht weiter. Auch erscheine die staatliche Finanzierung „in keiner Weise geboten“, da es verfassungsrechtlich „die eigene Sache“ von Presseunternehmen sei, wie sie ihre Aufgaben erfüllen. Der Staat sei lediglich verpflichtet, unter Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes Auskünfte zu erteilen.

Der Beschluß des Verwaltungsgerichtes hat grundsätzliche Bedeutung. Denn in mehreren Bundesländern ist es gang und gebe, daß Ministerpräsidenten Journalisten Reisen bezahlen. Beispielsweise erstattete Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) einer Zahl von Reportern die Hotelunterkünfte, die ihn Mitte August eine Woche lang in Südafrika begleiteten. Nordrhein- Westfalens Ministerpräsident Johannes Rau (SPD) übernahm noch zwei Monate vor den Landtagswahlen im Mai die Kosten für Journalistenflüge nach Nahost.

Obwohl Rau so kurz vor der Wahl ausdrücklich nicht als SPD- Spitzenkandidat oder als nordrhein-westfälischer Machthaber reiste, sondern als Präsident des Bundesrats, wurden die Kosten für Journalisten von einem Konto der Düsseldorfer Staatskanzlei bezahlt. Damit verstieß Rau zusätzlich gegen das Verfassungsgebot, in den letzten sechs Monaten vor einer Wahl keine Steuergelder für eigennützige Werbung zu verwenden. Neben Schröder und Rau zeigen sich auch die drei CDU-Ministerpräsidenten Erwin Teufel aus Baden-Württemberg, Berndt Seite aus Mecklenburg-Vorpommern und Bernhard Vogel aus Thüringen für journalistische Auslandsbegleitung erkenntlich.

Alle verteilen Geld- und Sachleistungen nach eigenen Regeln. Seite erstattete bei seinen Reisen zu den Anrainerstaaten der Ostsee meist ein bis zwei Reportern Flug- und Hotelkosten. Bei Teufel müssen Reporter zwar die Hälfte von Flug- und Hotelkosten selbst bezahlen – höchstens aber 2.500 Mark. Zuletzt war Teufel in Asien und hatte ständig fünf bis zehn Reporter im Gepäck. Die konnten jeweils bis zu 12.500 Mark sparen.

Hans Eichel (SPD) aus Hessen übernimmt „nur in Ausnahmen“ Teile von Flug- und Hotelkosten, etwa für freie Journalisten. Edmund Stoiber (CSU) aus Bayern nimmt beim Flug von München nach Brüssel schon mal kostenlos einen Journalisten mit. Seite und Schröder lassen nach Auskunft ihrer Sprecher auf den Landespressekonferenzen in Schwerin und Hannover besprechen, wer mitfliegt. Bei anderen Ministerpräsidenten gibt es einen undurchsichtigen kurzen Draht zwischen Staatskanzlei und Chefredakteuren.

Daß kritische Zeilen in der Grauzone gekaufter Berichterstattung verlorengehen können, legte im März die Frankfurter Rundschau nah, als sie über Raus Nahost-Reise berichtete: „Chefredakteure drängten sich wie junge Klatschreporter vor dem königlichen Palast in Amman, um eilig nach Hause zu berichten.“ Diese Nebenwirkung mangelnder Distanz ist nicht unbedingt unerwünscht. Stuttgarts stellvertretender Regierungssprecher Markus Bleistein etwa sagt zur möglichen korrumpierenden Wirkung dieser Bezahlungen, dies sei nicht sein Problem, sondern das der Redaktionen.

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