Damenfreie Satzung

■ Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) forciert auf seinem Bundestag die Vermarktung und wertet Frauenfußball auf

Berlin (taz/dpa) – Das bislang noch ziemlich desolate Bild, das die bierbrauende Eishockey-Liga DEL mit ihren im Finanzloch herumkrebsenden „Franchisenehmern“ bietet, trägt nicht unbedingt dazu bei, andere Sportarten zur Nachahmung amerikanischer Vorbilder zu animieren. Auf der andere Seite steht die Verlockung der enormen Profite, die die US-Profiligen mittels professioneller Vermarktung und straffer Organisation erwirtschaften. Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) muß aufpassen, daß er nicht die Kontrolle verliert und die vereinzelten Rufe nach einer eigenen, von den Bundesligavereinen organisierten und kontrollierten Liga nicht lauter werden. Beim 35. Bundestag des DFB in Düsseldorf trug der einstimmig für drei Jahre wiedergewählte Präsident Egidius Braun dieser drohenden Entwicklung Rechnung.

„Das ist alles sehr übersichtlich, denn es gibt keine Gegenstimmen“, freute sich der 70jährige Kartoffelhändler aus Aachen. Wie immer war die Vollversammlung nur dazu da, zuvor getroffene Vereinbarungen abzusegnen, aber diesmal hatte man die Interessen der Profiklubs, die nur über relativ wenige Stimmen verfügen und sich daher gern übergangen fühlen, berücksichtigt. Beschlossen wurde die Gründung einer „Buli GmbH“, die eine gemeinsame Vermarktung der Liga vorantreiben soll. Der nächste Inhaber der begehrten Fernsehrechte wird nicht nur dazu verpflichtet sein, das künftige Buli-Logo auszustrahlen, sondern muß zudem die brandneue Bundesliga-Hymne zu Gehör bringen. Komponist, wir raten einfach mal: Dieter Bohlen, Vangelis oder – zur Ehren von Fußballer des Jahres Matthias Sammer – Nicole. Die Sängerin, versteht sich.

Auch ansonsten zeigte sich der DFB innovationsfreudig, vor allem im Frauenbereich. Erstmals in der 95jährigen Geschichte des Verbandes wurde mit der Hamburgerin Hannelore Ratzeburg eine Frau in den Vorstand gewählt, die vor allem die inzwischen 612.000 weiblichen Mitglieder des DFB vertreten soll. Per Antrag 33 wurde in allen Satzungen der Begriff „Damen“ durch „Frauen“ ersetzt. Außerdem wurde festgelegt, daß Frauenabteilungen, die sich von ihrem Stammverein abspalten und einen eigenen Verein gründen, dennoch die Bundesliga-Spielberechtigung behalten. Artenschutz für Dissidenten – wahrhaft revolutionär im deutschen Vereinswesen und im DFB, der den Frauenfußball erst vor 25 Jahren anerkannt hatte. Kontrovers wurde es lediglich bei der Einführung einer eingleisigen Bundesliga im Frauenfußball ab der Saison 1997/98. Die wurde zwar angenommen, aber es gab die geradezu ungeheuerliche Zahl von 25 Gegenstimmen.

Auf Wunsch der Bundesliga- Vereine wurde nach einigem Hickhack beschlossen, daß Klubs, die sportlich abgestiegen sind, in der nächsten Saison auch tatsächlich in der tieferen Klasse spielen müssen, selbst wenn durch Lizenzentzüge Plätze freiwerden. Dadurch sollen Ungewißheiten durch langwierige Berufungsverfahren verhindert werden. Wäre diese Regelung vor der laufenden Spielzeit in Kraft getreten, würden FSV Zwickau und 1. FC Nürnberg, die von den Lizenzentzügen für Dynamo Dresden und den 1. FC Saarbrücken profitierten, jetzt bei den Amateuren spielen. In solchen Fällen müßten die Amateurligen künftig gegebenenfalls mit mehr Teams spielen, dadurch entstehende finanzielle Verluste will der DFB ausgleichen. Thema auf dem Bundestag war natürlich auch die deutsche WM-Bewerbung für 2006, für die in den nächsten Jahren 1,5 Millionen Mark im Etat bereitgestellt wurden. Zum Stolperstein könnte hier ausgerechnet die internationale Umtriebigkeit von Egidius Braun werden, der sich maßgeblich am Putsch der UEFA gegen den FIFA-Präsidenten Joao Havelange beteiligt hatte. Nach den Wünschen des europäischen Verbandes soll die WM künftig turnusmäßig von den Verbänden Europas, Afrikas, Asiens und Amerikas organisiert werden, die dann jeweils auch den Präsidenten der FIFA stellen. Würde dieser Kreislauf 1998 beginnen, wenn Frankreich die WM veranstaltet, könnte Deutschland frühestens im Jahre 2014 an die Reihe kommen. Matti Lieske