Unterm Strich

Zunächst Hausgemachtes, den Menschen aber dennoch irgendwie Beschäftigendes. Die Redakteurin und Sonntagsdiensttuende war zu Fron und Dienst zugegebermaßen spät aus dem Plumeau geschnellt, hatte sich noch in froher Umnachtung auf ihr Fahrrad geschwungen und war gerade dabei, als „sendero luminoso“ auf das taz-Gebäude herniederzugehen, da wurde sie jäh von einem lauthals über die Lindenstraße (jawohl, auch wir haben eine Lindenstraße) donnernden Lautsprecher gebremst wie dereinst Absalom von jenem in den Weg ragenden Ast. „Die rote Ampel gilt auch für Radfahrer!“ Aber wer wollte sich anmaßen, einen „luminoso“ in seinem Lauf aufzuhalten. Redakteuse fährt weiter. Wenig später hält, mit quietschenden Bremsen, das düpierte Polizeigefährt, dem flugs ein Beamter entsprung. „Det is ehne Unverschämtheit“. Redakteuse reagiert fatalerweise mit Upper-class-Snobismus: „Oooooch! Und Sie mußten stehenbleiben!“ Ganz falsch. „Mitkommen!“ „Aber ich muß die Zeitung machen!“ (Angeber! Die ganze Zeitung!) „Ausweis!“ Mußte passen. „Welche Zeitung denn?“ „Na, die tageszeitung.“ „Nu, aber welche!?“ „Gibt es da jemand, der Sie kennt?“ „Gute Frage.“ Mal versuchen. Fahrrad in die Wanne, um die Ecke wieder ausgeladen. „Kennen Sie diese Frau!?“ In solchen Momenten wünscht sich der Mensch dringendst, „Ich“ möge irgendein anderer sein, der dann auch das Bußgeld berappen und das Ärgernis an sich mit seiner Magensäure bearbeiten muß. Und nicht auszudenken, hätte nun der Kollege im Empfang sich ein lustig Spielchen erlaubt und gesagt: „Diese Delinquentin? Nein, kenne ich nicht. Bitte nehmen Sie sie wieder mit. Wir sind hier ein anständiges Haus. „Bärte, Ketten, Neger mögen wir hier nicht.“

Im übrigen möchten wir darauf hinweisen, daß die Prenzlauer Marienkirche jetzt wieder einen originalgetreuen Steinfußboden besitzt und daß es genau dieser Steinfußboden war, der EtappeI der umfangreichen Innenrestaurierungsaktionsinitiative darstellt, welche prompt am Samstag mit einem Gottesdienst abgeschlossen ward. Das mittelalterliche Bauwerk, das als Wahrzeichen der Stadt gilt, war Ende des Zweiten Weltkriegs völlig ausgebrannt. In den 70er Jahren war dann die gotische Backsteinkirche bereits äußerlich wiederhergestellt. Künftig sollen auch Veranstaltungen und Konzerte in der Kirche stattfinden.

Die Dresdner Frauenkirche wiederum erhält für ihren Wiederaufbau 1,3 Milliarden Mark aus Hamburg. Das Geld stammt aus der Stiftung Hamburg- Dresden, die damit ihren letzten Dienst getan hat. Die Auflösung der Stiftung ist, nach Angaben eines Stiftungssprechers, eine Konsequenz der zu hohen Verwaltungsaufgaben, die durch die Erlöse nicht mehr bestritten werden könnten.

Den Kaiserring der Stadt Goslar erhielt am Samstag der amerikanische Maler Cy Twombly.