: Das Pokern bei der Dasa geht zu Ende
■ Weitere 8.800 ArbeiterInnen werden bis Ende 1998 entlassen, drei Werke werden verkauft, zwei geschlossen / Angeblich der letze Sanierungsplan für den angeschlagenen Flugzeug- und Rüstungskonzern
München (taz/dpa/AFP) – Der Vorstand der Daimler-Benz Aerospace (Dasa) will zur Sanierung des angeschlagenen Luft- und Raumfahrtkonzerns bis Ende 1998 insgesamt rund 8.800 Stellen im Luftfahrtbereich streichen und mindestens drei Werke verkaufen. Dieses Sparkonzept stellte der Dasa-Vorstand am Montag in München vor. Abgestoßen werden die Werke in Laupheim (Baden- Württemberg), Peißenberg (Bayern) und Speyer (Rheinland- Pfalz). Die Dasa erwägt auch einen Rückzug aus Ludwigsfelde bei Berlin und Dresden. All diese Standorte produzieren Teile für den Airbus oder Triebwerke für die Dasa-Tochter MTU.
Die Mitarbeiterzahl des Dasa- Konzerns soll laut Konzernführung bis Ende 1998 von 49.100 auf knapp 40.300 sinken. Gut 4.100 Stellen mehr als im Rahmen der bisherigen Rationalisierungen sind geplant – also eine Folge von „Dolores“, dem „Dollar-low-rescue“- Notprogramm. Betroffen ist auch die Verwaltung, einschließlich der Konzern-Zentrale in Ottobrunn bei München. Laut dem Spiegel von gestern sollen von den dort 350 Beschäftigten 150 wegrationalisiert werden.
Das Sparprogramm geht auch zu Lasten der vom Bankrott bedrohten Tochter Fokker in den Niederlanden. Dort wurde schon im Frühjahr die Entlassung von 1.700 Menschen angekündigt. „Weitere Maßnahmen“ stehen der Fokker bevor, so Dasa-Vorstandschef Manfred Bischoff gestern. Genaueres wollte er nicht sagen, weil die Dasa über eine Lösung „der Probleme mit Fokker“ noch in Verhandlungen mit der niederländischen Regierung stehe. Diese hatte die vorgelegten Sanierungspläne für unzureichend erachtet und sich bisher geweigert, weitere Zuschüsse für Fokker zu geben.
An den Standorten Laupheim, Peißenberg und Speyer sollen die Arbeitsplätze durch Verkauf an andere Unternehmen erhalten bleiben. Darüber hinaus will der Dasa-Vorstand „Anpassungen bei den Lohn- und Gehaltskosten sowie den Nebenkosten“ und eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit erreichen. Ziel der „Wettbewerbsinitiative“ sei es, die Dasa auch bei einem dauerhaft niedrigen Dollarkurs von 1,35 Mark wettbewerbsfähig zu halten. Derzeit steht der Dollar bei 1,39 Mark.
Vorstandschef Bischoff kündigte an, die vorgestellten Beschlüsse seien die Grundlage für Gespräche mit Arbeitnehmern und der Politik. Erst danach will der Vorstand am 20. November eine endgültige Entscheidung treffen. Die Kosten für Sozialprogramme und andere Rationalisierungsmaßnahmen schätzte Bischoff auf 500 Millionen Mark. Diese einmalige Summe soll aber pro Jahr etwa 700 Millionen Mark an Einsparungen bringen.
„Nach menschlichem Ermessen sollte das jüngste Anpassungsprogramm für absehbare Zeit das letzte seiner Art sein“, sagte Bischoff. Im Rahmen früherer Sanierungsprogramme sank die Belegschaft der Dasa seit 1993 weltweit bereits um 16.000 Stellen, zehn Werke wurden geschlossen. rem
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