: Schulen gegen Abi-Abbau
■ Bildungsbehörde will an manchen Schulen Anforderungen senken
Am Montag nachmittag hat die fünfte „Regionalkonferenz“ der Bremer Schulen stattgefunden. Das brisante Thema: Sollen die Abiturrichtlinien abgeschafft werden? Der interne Streit hat die Bildungsbehörde gespalten. Der Jurist der Behörde, Kaschner, vertritt die Reform-Position am vehementesten, der Grundsatzreferent Jochen Schweitzer hat jüngst ein internes Papier im Vorfeld der Kultusministerkonferenz am 1.12. hinzugefügt. Die These: Zur Autonomie der Schule soll gehören, daß die Bindung der Lernziele und der Stundentafel an Abiturrichtlinien aufgehoben werden kann. Schweitzer fügte Stichworte hinzu wie „Fachborniertheit, Scheuklappen, Einzelkämpfertum“ in der gymnasialen Oberstufe. Ein Abbau der Qualifikationsstandards sollte Raum für soziales Lernen schaffen, sagen die Verterter der Behörde.
Konkret: Bisher waren Deutsch, eine moderne Fremdsprache und Mathe verbindliche Fächer bis zum Abitur, dieses Prinzip könnte aufgelockert werden. Deutsch sollte sich auf „sprachliche Fähigkeiten“ konzentrieren, soll „weniger im Sinne von literatur- und sprachwissenschaftlichen Kenntnissen“ verstanden werden, Mathe „im Sinne von Rechentechnik und elementaren Funktionen, Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik“ gegeben werden, „Englisch hauptsächlich im Sinne des Vermögens, englischsprachige Texte zu lesen“. Bei dieser Definition, die sich an das Pensum der Sek I anlehnt, kann der Unterricht in der Sek 2 als verzichtbar gelten: „Die durchgängige Belegverpflichtung in Deutsch, Fremdsprache und Mathematik wird damit überflüssig.“ Eine „Innovativklausel“ auf der Kultusministerkonferenz soll Bremen den Alleingang ermöglichen.
„Pudding-Abitur“ schimpfte die AfB-Abgeordnete Elke Kröning. Ohne einheitliche Abi-Maßstäbe könnten Eltern nicht einmal innerhalb Bremens frei umziehen, geschweige denn nach Bayern oder Baden-Württemberg.
Etwas höflicher formulierte der Referatsleiter der Abteilung Gymnasiale Oberstufe im Bildungsressort: „Bremens Ruf“ sei gefährdet, wenn „wieder mal“ die Anforderungen gesenkt werden würden.
Schweitzers Ziel: über eine stärkere Berufsbildungs-Orientierung sollen mehr SchülerInnen Abi machen, weil AbiturientInnen weniger arbeitslos werden. Sogar die GEW lehnt dieses Ansinnen ab: Wenn die Einheitlichkeit unter dem Anspruch „Autonomie der Schulen“ aufgehoben wird, dann, so fürchtet die GEW, wird sich das Bildungssystem spalten. Eltern würden „vermutlich im Alten Sicherheit und Garantie des anerkannten Abschlusses für ihre Kinder suchen“, formuliert GEW-Fachsprecher Arnold. K.W.
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