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Den Tränen nahe

■ Schuldenfreier FC St. Pauli feiert Präsident Weisener

Jeder im Saal wußte, wem der Dank gebührte. Und keiner hielt sich damit zurück, es auch zu zeigen. Tosenden Applaus und standing ovations gab es für den Präsidenten Heinz Weisener auf der Jahreshauptversammlung des FC St. Pauli am Montag abend im Großen Mozartsaal am Dammtor. Es sollte nicht die letzte Huldigung sein. Erst einmal war noch Schatzmeister Horst Niewicki dran, der den Vereinschef mit den Worten „deine Leistung ist spitze“ pries, ehe Vize Christian Hinzpeter den Schlußpunkt setzte: Der kürte den 67jährigen Weisener zum Ehrenmitglied. „Ich bin jetzt ein bißchen von der Rolle“, kämpfte Weisener mit den Tränen und versprach, dem Verein „auch weiterhin treu“ zu bleiben.

Daran hatten die 249 Anwesenden keinen Zweifel. Einzig dem wohlhabenden Architekten hat es der Bundesliga-Neuling zu verdanken, schuldenfrei zu sein. Knapp 6,4 Millionen Mark hatte Weisener dem FC im Geschäftsjahr 1994/95 noch einmal an Schulden erlassen, so beläuft sich der Gesamtüberschuß auf fast 7,8 Millionen Mark. Insgesamt flossen über 15 Millionen Mark aus dem Privatvermögen des Mäzens in die Kassen des „einmaligen Fußballvereins“ (Hinzpeter).

Doch St. Pauli soll nicht ewig am Geldtropf hängen, weshalb der Präses „professionelle Strukturen“ fordert. Auf Anraten eines Wirtschaftsprüfers wurden vier getrennte Arbeitsgruppen gebildet, die in den Bereichen Geschäftsstelle, Stadion-Management, Marketing und Schaffung von Förderstrukturen tätig werden sollen. Verstärkt sollen neue Mitglieder geworben werden: Mit 1700 Vereinszugehörigen ist St. Pauli der kleinste Bundesligaclub. Daß die Reformen nicht ohne weiteres durchzusetzen sind, mußte das Präsidium gleich am Montag registrieren. Der Antrag von Vorstandsmitglied Gustav Rabenstein, die Mitgliedsbeiträge teilweise zu erhöhen und Vergünstigungen beim Dauerkartenkauf einzuführen, wurde nach hitziger Debatte zurückgezogen. Vermutlich muß im Frühjahr eine außerordentliche Mitgliederversammlung darüber neu abstimmen. Dann stehen noch weitere potentielle Streitpunkte auf der Tagesordnung: die Wahl eines Aufsichtsrates, so, wie es der DFB in seiner Muster-Satzung fordert und der Ausbau des Stadions, mit dem „frühestens“ (Weisener) in der Sommerpause 1996 begonnen werden kann. Clemens Gerlach

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