: Grenzenloser Mietwucher
■ Im Kampf gegen die „Mietpreisschraube“: „Mieter helfen Mietern“ fordert aktiveres Vorgehen gegen unverschämte Mieten Von Marco Carini
„Der Vermieter“, stellt Jürgen Twisselmann von „Mieter helfen Mietern“ klar, habe die Notlage des wohnungssuchenden Afrikaners „brutal ausgenutzt“. Statt der ortsüblichen Vergleichsmiete von knapp zwölf Mark, knöpfte er ihm für die Kleinstwohnung in der Lutterothstraße (Eimsbüttel) den rekordverdächtigen Quadratmeter-Preis von 34,48 Mark ab. Sein Pech: Der neue Mieter wandte sich an den MieterInnen-Verein. Vereins-Jurist Jürgen Twisselmann: „Klarer Mietwucher – der Fall geht jetzt zur Staatsanwaltschaft“.
Die könnte mächtig zu tun bekommen, wenn alle Hamburger MieterInnen den Rat von Twisselmann befolgen würden, „keine Mieterhöhung ohne juristische Prüfung zu akzeptieren“. Denn die Eimsbüttler „Miet-Erpressung“ ist kein Einzelfall: Noch immer versuchen – Mietenspiegel hin, ortsübliche Vergleichsmiete her – viele Hauseigentümer aus ihren MieterInnen rauszupressen, was der enge Wohnungsmarkt hergibt. Twisselmann: „Vielen Vermietern fehlt jedes Unrechtsbewußtsein“.
Die Folge ist, daß fast jede zweite Neuvermietung, die die Juristen von „Mieter helfen Mietern“ auf den Tisch bekommen, oberhalb des gesetzlich zulässigen Limits liegt. Doch dagegen ist ein Kraut gewachsen: Bislang hat der MieterInnen-Verein allein 1995 in 85 Fällen die Miete seiner Mitglieder zum Teil erheblich senken können. Die HauseigentümerInnen mußten insgesamt 389.000 Mark zuviel verlangte Miete an die Vereinsmitglieder zurückzahlen.
Doch nicht nur individuell wird durch die Gegenwehr gegen überteuerte Quadratmeter-Preise gespart, denn die Wucher-Mieten werden bei der Erstellung des für alle HamburgerInnen gültigen Mietenspiegels laut Twisselmann nur „teilweise herausgefiltert“. Dadurch treiben die überhöhten Mieten die Mietenspiegel-Werte in die Höhe. Die Zeche zahlen alle, die sich kein Wohneigentum leisten können oder wollen.
Doch nicht nur die MieterInnen, die oft gar nicht wüßten, daß sie überhöhte Mieten nicht zu akzeptieren brauchen, sollten nach Auffassung des MieterInnenvereins gegen die Raffzähne vorgehen. Besonders die Baubehörde müsse den Mietwucher aktiver bekämpfen. Auch die von ihr 1993 eingerichtete „Wohnungspolizei“ verspricht da oft keine schnelle Hilfe. So erhielt eine Mieterin, die vom Eimsbüttler Einwohneramt im Herbst dieses Jahres wissen wollte, ob sie zu viel Miete bezahle, die Antwort, man könne sich um ihren Fall „erst zu einem noch nicht absehbaren Zeitpunkt kümmern“. Zur Zeit sei man gerade mit Hochdruck dabei, die Anzeigen zu überprüfen, die dem Amt im Jahr 1992 bekannt wurden.
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