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Englisch mangelhaft

■ Studie über Englisch-Kenntnisse an der Hochschule mit verheerendem Ergebnis: Die Häfte der StudentInnen hätte in Klasse 10 eine fünf bekommen müssen

Ohne gute Englischkenntnisse – das ist heute eine Selbstverständlichkeit – kann man als Diplomingenieur wenig werden. Grund genug für die Hochschule Bremen mit ihrer großen Anzahl technischer Fachbereiche, eine Untersuchung zu der Frage in Auftrag gegeben, mit welchen Eingangs-Kenntnissen die Erstsemester eigentlich in die Hochschule hineinkommen. Das Resultat liegt nun auf dem Tisch – in der Behörde will aber niemand so recht heran an das heiße Papier. Kein Wunder – die Bilanz ist verheerend: Die Hochschul-AnfängerInnen, die an Bremer Schulen Englisch gelernt haben sollten, können nicht einmal das, was die Prüfungsordnungen für den Abschluß der 10 Klasse vorschreiben. Und je genauer die ForscherInnen sucghten, desto schlimmer wurde das Bild: Es fehlt an den schlichtesten grammatischen Grundkenntnissen.

Der Ansatz der Untersuchung unter dem Namen „Elan“ – „Englisch Language Analysis for Non-Graduates“ ist relativ simpel: Die Studie geht schlicht von den Richtlinien der Kultusministerkonferenz und den Rahmenrichtlinien in Bremen und Niedersachsen aus. Die StudentInnen der Hochschule Bremen kommen zu fast gleichen Teilen aus Bremen und Niedersachsen. Um die Sprachkenntnisse besser vergleichen zu können, legt die Studie dabei die Lernziele der Sekundarstufe 1 zugrunde – „Basiskenntnisse“ seien das, steht in den Lehrplänen. Die Eingangssemester der Hochschule haben diese „Basiskenntnisse“ entweder in der Fachoberschule oder in einer gymnasiale Oberstufe vertieft, so jedenfalls steht es im Lehrplan.

572 Studienrende haben die Gutachter Mitteldorf und Heßlinger 1994 getestet, ihre Studienfächer setzen allesamt solide Englischkenntnisse voraus: Architektur, Bauwesen, Elektrotechnik, Maschinenbau, Meerestechnik.

Das Resultat ist niederschmetternd: „Mehr als ein Drittel“ der Erstsemester halten „fehlerhaft gebildete Strukturen aus dem Lernstoff der Klasse 5-7 für korrekt“, „bis zu einem Drittel der Studienanfänger zeigen gravierende Unsicherheiten bei der Bildung aller composite tenses“, 20-30 Prozent verwenden die infiniten Formen des Hilfsverbs to be falsch. Die Tests legten die Lernziele der 10. Klasse zugrunde und mußten feststellen, daß „77,5 Prozent der Aufgaben nicht einmal von der Hälfte der Probanden richtig gelöst werden konnten“. Nur im Präsens und Imperfekt fanden sich die meisten einigermaßen zurecht. Futur, Zeitenfolge, Konditional – alles Fehlanzeige. Sprachgefühl – nicht vorhanden. „Diese eher harte Erkenntnis wirft leicht die Frage auf, inwieweit die Fremdsprache Englisch als reines Konstrukt mit Regelapparat erlernt worden ist, statt sich zu einem Kommunikationsmittel zu gestalten“, konstatieren die Wissenschaftler.

Die Struktur der Fehler verweist allerdings auf einen tiefergehenden Zusammenhang: Die grammatischen Formen, die die Anfangssemester im Englischen nicht bilden konnten, entsprechen denen der deutschen Sprache, die die Eingangssemester nur ungenügend beherrschen gelernt haben. Es mangelt also nicht nur am Englischen, eigentlich mangelt es an der Beherrschung der deutschen Sprache als Lernvoraussetzung für eine Fremdsprache.

Die Hälfte der Erstsemester hätten mit ihren Englisch-Kenntnissen in der Klasse zehn die Prüfungen nicht bestehen dürfen. Warum sie das doch taten? „Schulnoten sind relative Noten“, formulieren die Tester. Das bedeutet: Es besteht der Verdacht, daß auch die anderen SchülerInnen am Ende der 10. Klasse deutlich weniger Englisch können als ihre Noten suggierieren.

Wenn man die Test-Personen nach ihren Zugangs-Voraussetzungen zur Hochschule unterscheidet, wird dabei deutlich: Diejenigen mit Fachoberschul-Abschluß haben ganz schlechte Karten im Berufsleben. Nur diejenigen, die eine gymnasiale Oberstufe besucht haben, waren nach dem Abitur einigermaßen sattelfest im Lernstoff der Klasse 10 und in ihren Englisch-Grundkenntnissen.

Bei der Bildungsbehörde ist bekannt, daß es eine entsprechende Untersuchung geben soll. So richtig zur Kenntnis genommen wurde sie bisher nicht. K.W.

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