Haushalt einstimmig verabredet

■ Radio Eriwan aus dem Senat: „Im Prinzip ja“ zu Haushalts-Eckwerten, en detail alle Fragen offen

Sechs Wochen vor Weihnachten herrscht kein Friede auf Erden, aber Friede im Bremer Senat. „Einstimmig“ habe der Senat gestern dem Finanzplan 1996/97 zugestimmt, sagte Henning Scherf. Lediglich über die Teilbudgets der einzelnen Ressorts haben sich die SenatorInnen nicht einigen können. „Die Brennpunkte sind einige Zusatzbeschlüsse“, so Scherf.

Noch am Freitag hatten sich die Staatsräte nicht nur heftig ge-, sondern sogar eher zerstritten. Sie waren zur Vorbereitung der Haushaltssitzung des Senats zusammengekommen, kaum eine Abstimmung, die nicht in einer Blockade der SPD-Staatsräte auf der einen, und der CDU-Staatsräte auf der anderen Seite endete. Die Stimmung der Sitzung hatte gleich der neue SKP-Chef Christoph Beermann verharzt, als er einen Vorschlag aus der Tasche gezogen hatte, in dem er die Verhandlungsführerschaft für den Solidarpakt verlangte. Das hatte Reinhard Hoffmann, Chef der Senatskanzlei mit einer unerwarteten Vorlage gekontert, in der er die Abschaffung der SKP forderte. Resultate Mangelware, es blieb ein ganzes Bündel ungelöster Fragen – und das blieb auch nach der Senatssitzung. Nur der Verkauf der „Bremischen ist wohl vom Tisch. Was allerdings zur Finanzierung des Stadtreparaturfonds verkauft werden soll, das weiß bislang niemand. Bis zum 30. Januar soll Finanzsenator Nölle einen Vorschlag machen.

Die Fragen blieben ungelöst, dafür war aber die Stimmung besser, zumindest versuchte das Henning Scherf gestern zu vermitteln. Froh seien er und Kollege Ulrich Nölle über die Verständigung – die dennoch nicht recht erkennbar wurde. Offen ist zum Beispiel immer noch das Notprogramm zur Kindergartenplatz-Versorgung. Tine Wischers Sozialressort hat errechnet, daß es für den ab 1.1.96 gesetzlichen Mindestanspruch auf einen Kita-Platz zusätzlich rund 17 Millionen Mark benötigt. Woher aber nehmen, wenn das Sozialressort gleichzeitig 50 Millionen Mark einsparen soll?

Ungeklärt ist ebenfalls weiterhin die Sozialhilfe: Sollte Norbert Blüm in Bonn mit seinem Vorschlag durchkommen, die Arbeitslosenhilfe jährlich um fünf Prozent zu senken, rollt eine gewaltige Sozialhilfekosten-Lawine auf die Kommunen zu. Bremen hat bereits im vergangenen Jahr rund 200 Millionen Mark Sozialhilfe ausgezahlt. Mindestens zum ersten ungeklärten Punkt – dem Notprogramm zur Kita-Versorgung – werden Sozialsenatorin Wischer und Finanzsenator Nölle in der kommenden Woche in Klausur gehen.

Das Ressort der zweiten Frau im Senat bereitet den Herren über die Finanzen ebenfalls Kopfschmerzen. Bildungsseantorin Bringfriede Kahrs habe „besondere Nöte auszuhalten“ (Scherf). Mittelfristig fehlen ihr rund 40 LehrerInnen-Stellen. Sie soll eine genaue Bedarfsplanung aufstellen und diese ebenfalls mit Nölle absprechen.

Aber auch Hafensenator Uwe Beckmeyer muß noch bei Nölle nachsitzen: Beckmeyer besteht darauf, daß er die in seinem Ressort eingesparten Beträge auch im Hafenressort wieder ausgeben darf. Für das Arbeitsressort will er eine Zusicherung der Dritt-Mittel. Als einziger Senator der CDU bockt Bausenator Bernt Schulte noch. Auch er möchte die höheren Erträge durch gesteigerte Mieten innerhalb seines Ressorts investieren.

Sollten sich die SenatorInnen bis zum Beschluß des Haushalts 1996/97 im Juni 1996 geeinigt haben, sieht es dennoch nicht rosig für Bremen aus. Von den Schulden wird das Land erst 1997 36,8 Millionen Mark tilgen, ein Jahr später sollen es 178,5 Millionen Mark sein. Dennoch veranschlagt Ulrich Nölle für 1996 243 Millionen Mark für das Investitionssonderprogramm (ISP), 1997 gar 340 Millionen Mark. Das ISP speist sich aus eingesparten Zinsen für die wegfallende Neuverschuldung, Bremen braucht die Einsparungen jedoch für die Grundsanierung. „Nur wenn wir die Eckwerte bringen, den Solidarpakt schließen und 400 Stellen abbauen, haben wir Null Tilgung“, sagte Nölle gestern. Zu wenig für eine Konsolidierung des Haushalts.

Die einzelnen Ressorts sollen daher verantwortlicher mit den Steuergeldern umgehen. Bis zum 1. Juli soll in allen Behörden ein dezentrales Controlling eingeführt werden. „Man kann doch nicht dezentral Aufgaben vergeben und ein halbes Jahr später merken, daß die nicht bezahlt werden können“, sagte Scherf. Die umstrittene Senatskanzlei für das Personalwesen (SKP) soll die Controlling-Funktionen übernehmen. Aber auch die SKP kommt um Kritik nicht herum: „In zwei Wochen werden wir die SKP aufgabenkritisch überprüfen“, kündigte Scherf an. ufo/J.G.